So stark werden Gewinne und Dividenden besteuert

Zum Bundestagswahlkampf 2025 preschen gerade linke Parteien wieder mit der Forderung vor, Kapitalerträge doch stärker zu besteuern, da diese insbesondere im Vergleich zur Besteuerung von Arbeitseinkommen ungerecht niedrig seien. Teilweise wollen sie sogar eine zusätzliche Abgabe von Sozialversicherungsbeiträgen haben. Tatsächlich wirkt die 2009 eingeführte Pauschalabgabe auf Aktiengewinne, Dividenden und Zinserträge mit 25 % nicht sonderlich hoch. Doch bei genauerem Hinsehen stellt man fest: Der Schein trügt.

Der Grund: Unternehmen können lediglich das ausschütten oder reinvestieren, was sie nach Abzug ihrer Kosten – beispielsweise für Produktionsmittel, Rohstoffe oder Mitarbeiter-Gehälter – übrighaben. Zudem sind diese Gewinne bis zur finalen Ausschüttung an Gesellschafter oder Aktionäre bereits versteuert worden. Vor der Auszahlung wurden bereits Körperschaftsteuer (KSt) in Höhe von 15 %, Gewerbesteuer (GewSt) abhängig vom Sitz der Gesellschaft mit durchschnittlich 14 % und der Solidaritätsbeitrag an die Staatskasse überwiesen. Insgesamt fielen bis dahin ca. 30 % an, womit ein Unternehmen nur ca. 70 % seines Gewinns ausbezahlen kann.

Ein Beispiel: Eine deutsche Aktiengesellschaft mit Sitz in München will einen einstelligen Millionengewinn an ihre Anteilseigner ausbezahlen. Sie kommt auf eine Steuerquote von 32,975 %. Pro 1.000 Euro Gewinn können am Ende lediglich 670,25 Euro an die Anteilseigner ausgeschüttet werden, während 329,75 Euro an Steuern anfallen.

Mehrfache Besteuerung

Kommt dieses Geld auf dem Konto des Aktionärs an, wird schließlich die Abgeltungsteuer von 25 % zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag fällig, womit eine weitere Steuerlast von 26,375 % entsteht. Ist man Mitglied der Kirche, fällt noch Kirchensteuer an. Das alles, obwohl ein Privatanleger nur das Geld sparen und investieren kann, welches ihm nach Abzug seiner Lebenshaltungskosten von seinem Nettogehalt übrigbleibt, welches er bis dahin natürlich ebenfalls bereits versteuert hat.

Von den 1.000 Euro, die ein Unternehmen vor Steuern ausschütten möchte, landen am Ende nicht ganz 494 Euro auf dem Konto und damit nicht einmal mehr die Häflte des ursprünglichen Unternehmensgewinns. Darauf bezogen liegt die Besteuerung von Dividenden bereits über dem Spitzensteuersatz der Einkommensteuer und damit deutlich über der durchschnittlichen Besteuerung von Arbeitseinkommen im Deutschland.

Auf Gesellschafterebene sind die Abgaben sogar noch höher, denn hier greift der volle persönliche Steuersatz der Einkommensteuer, woraus sich eine zusätzliche Steuer von etwa 33 % ergibt. Auf den ursprünglichen Gewinn von 100 bezogen, ergäbe sich eine insgesamte Besteuerung von 63 %, was deutlich über dem Spitzensteuersatz der Einkommensteuer liegt. Aber auch wenn der Gesellschafter mit seinem regulären Arbeitseinkommen nicht im Bereich des Spitzensteuersatz liegt, läge die Besteuerung deutlich über dem Durchschnittssatz.

Gerade Personengesellschaften und Selbstständige haben eine erhebliche Mehrbelastung.

Gerade Kleinsparer werden bestraft

Am Ende werden nicht nur Sparer bestraft, die für ihr Alter vorsorgen möchten und sich damit eigentlich nur vor Altersarmut schützen möchten, weil der Staat keine adäquate Vorsorge dafür schafft, sondern auch die Unternehmen. Denn um expandieren und neue Arbeitsplätze zu schaffen, sind sie zum einen auf Gewinne angewiesen, zum anderen auf günstiges Kapital, was unter anderem Aktionäre bereitstellen. Die gehen wiederrum erhöhte Risiken durch Kursschwankungen ein. Besteuert man sie höher, stimmt das Risiko-Gewinn-Verhältnis nicht mehr und sie schränken ihre Investments ein. Die Folge: Unternehmen können sich schwerer Kapital beschaffen.

Hinzu kommt, dass lediglich knapp unter 18 % der über 14-Jährigen in Deutschland überhaupt Aktien besitzen, womit die Zahl der Betroffenen sehr gering ist und die Forderung somit purer Populismis wäre. Die Abgeltungsteuer benachteiligt bereits jetzt überwiegend Kleinaktionäre mit niedrigem Einkommensteuersatz im Vergleich zum Halbeinkünfteverahren, welches bis Ende 2008 angewandt wurde. Sie würden mit dem Vorschlag der Linken weiter abgestraft werden.

Abgrenzung: Zinseinkünfte

Ander sieht das bei Zinseinkünften aus. Hier ist die Kritik nicht völlig unberechtigt, denn die zusätzliche Gewinnbesteuerung wie bei Kapitalgesellschaften gibt es nicht. Zinserträge werden streng genommen nur durchgereicht. Stellt man sein Erspartes einer Bank zur Verfügung, damit diese das Geld als Kredit weitergeben kann, werden die Erträge daraus vom Schuldner bezahlt und stellen für ihn einen Zinsaufwand dar.

Und was die Abgabe von Sozialversicherungsbeiträgen betrifft: Wer seinen Lebensunterhalt als Privatier bestreitet, wird keinerlei Ansprüche auf Sozialleistungen erheben und ist entweder privat oder freiwillig gesetzlich krankenversichert und liegt damit über jeglicher Beitragsbemessungsgrenze und bezahlt damit schon heute den Höchstsatz.

Neutral betrachtet ist die Forderung nach einer „gleichen Besteuerung“ von Kapitalerträgen und Arbeitslohn zweiseitig zu betrachten. Auf Seiten der Dividende liegt die Steuerlast schon jetzt auf dem Niveau eines Arbeitseinkommens, auf Seiten der Zinserträge könnte sie dagegen tatsächlich zu niedrig sein. Am Ende sollte Sparsamkeit vor allem aber die Vorsorge für das Alter immer belohnt werden, um dafür einen Anreiz zu schaffen, schließlich sparen sich Staat und Gesellschaft später etwaige Sozialleistungen durch eine Aufstockung.

Ein steuerfreies Altersvorsorgedepot, bei dem Gewinne im Gegenzug erst zum Renteneintritt ausgezahlt werden können, bleibt da ein sehr guter Kompromiss.

Letzte Aktualisierung am 3.02.2025 um 10:28 Uhr / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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