Diversifikation minimiert das Risiko enorm

Dass die Gebühren und Kostenstrukturen von Finanzprodukten erhebliche Auswirkungen auf die Rendite haben, das hatten wir uns bereits in einem der vergangenen Artikeln näher angesehen. Doch was bringt es, ein möglichst kostengünstiges Produkt gekauft zu haben, wann am Ende das Investment nicht aufgeht oder das Aktien-Unternehmen gar pleite geht? Dann haben wir womöglich zwar Gebühren gespart, jedoch trotzdem alles verloren. Ein solches Szenario ist nicht ganz unrealistisch.

Erst im letzten Jahr musste mit Wirecard ein vermeintlich großer und vor allem hoch profitabler Dax-Konzern aufgrund von Betrugsfällen Insolvenz anmelden. Der Aktienkurs stürzte ins Bodenlose. Weitere bekannte Pleite-Größen sind Vapiano, Esprit, Lehman Brothers, Schlecker, Arcandor, Air Berlin, Holzmann oder Enron. Doch nicht alle davon waren börsennotiert. Es zeigt jedoch: Selbst große Dickschiffe können in Schieflage geraten und von der Bildfläche verschwinden.

Ein solches Szenario wird jeder Aktienanleger im Laufe seiner Karriere mit ziemlicher Sicherheit durchlaufen. Man wird lernen müssen, mit Verlusten umzugehen. Doch keine Sorge, es gibt ein ziemlich starkes Instrument, um die diese möglichst gering zu halten. Stichwort: Diversifikation. Konkret bedeutet dies, dass wir unser Risiko streuen und eben nicht alles auf nur eine Karte setzen. Wer seine gesamten Ersparnisse in eine einzige Firma packt, der setzt sein Geld einem hohen Risiko aus, denn alles hängt vom Erfolg dieses einzigen Unternehmens ab. Wenn wir statt einem zehn verschiedene Unternehmen kaufen und eines davon geht bankrott, haben wir zwar einen Teil unseres Geldes verloren, haben aber noch immer etwas auf der hohen Kante, womit wir weiter arbeiten können.

Diversifikation bedeutet mehr als nur viele Positionen

Soweit die Theorie. Doch Diversifikation bedeutet viel mehr. Im Rahmen unserer Geldanlage sollten wir uns nämlich nicht nur auf mehrere Unternehmen verlassen, sondern noch weitere Aspekte mit in Betracht ziehen. Investieren wir zum Beispiel nur in deutsche Unternehmen, legen wir unsere Geldanlage komplett in die Hand der deutschen Wirtschaft. Geht es dieser schlecht, sieht es in unserem Depot nicht viel besser aus. Wird hierzulande wieder der Sozialismus eingeführt und alle Unternehmen werden verstaatlicht, so werden Aktionäre enteignet und unsere Altersvorsorge geht verloren. Man sollte also nicht nur blind mit mehreren Unternehmen diversifizieren, sondern auch darauf achten, dass die Auswahl aus verschiedenen Wirtschaftsräumen stammt.

Doch Vorsicht: Nur weil ein Unternehmen seinen Sitz in Europa hat, heißt das nicht, dass es dort auch seine größten Umsätze fährt. Der Konsumprodukte-Hersteller Unilever zum Beispiel hat zwar seinen Hauptsitz in Großbritannien, verdient einen Großteil seines Geldes jedoch in Asien. Gleiches gilt für die Währung, mit der ein Konzern hauptsächlich arbeitet. Was passiert, wenn wir ausschließlich in den USA investiert sind, der US-Dollar an Wert verliert und von einer anderen Währung als Leitwährung abgelöst wird? Auch das ist ein Risiko, das wir mithilfe von Diversifikation streuen müssen.

Grundlegend ist vor allem wichtig: Man sollte nicht nur in einer Branche aktiv sein, nur weil man sich dort vermeintlich am besten auskennt. Man muss immer alles im Blick haben; ob Gesundheitsbranche, Lebensmittelbranche, Biotechnologie, Unterhaltung oder der Automobilsektor – nur, um ein paar wenige zu nennen.

Diversifiziere innerhalb eines Assets

Eine weitere Diversifizierung, die man vornehmen kann, liegt darin, zu entscheiden, welche Art von Wette man eingeht. Kaufe ich ein großes Unternehmen, welches schon Jahrzehnte bewiesen hat, gewinnbringend wirtschaften zu können, oder kaufe ich einen Konzern, der überwiegend erst in der Zukunft groß sein könnte? Zwei sehr gute Beispiele sind hier der Konsumprodukte-Hersteller Unilever und Biontech, welche vor allem während der Corona-Pandemie an Bekanntheit hinzugewonnen haben.

Während Unilever schon seit einigen Jahrzehnten weltweit aktiv ist und profitabel wirtschaftet, stand Biontech lange Zeit eine ungewisse Zukunft bevor. Gerade Impfstoffe verschlingen Millionen an Entwicklungskosten. Bis zur Zulassung können Jahre vergehen, kurz vor Ende kann es alles noch schiefgehen. Der Ausgang der Zulassung kann über den Fortbestand der Unternehmung entscheiden. Diesem Risiko sollte man sich bewusst sein, hat dafür theoretisch aber auch einiges an Gewinnpotential. Eine gesunde Mischung aus beidem ist im Zuge der Diversifikation sicherlich sinnvoll. Ein weiteres, derartiges Diversifikations-Beispiel wäre, einen Teil seines Geldes in Dividenden-Aktien zu investieren und den anderen Teil in Wachstumswerte zu stecken.

Wer innerhalb der Aktienanlage diversifiziert, macht sicherlich schon einmal keinen Fehler. Doch was passiert, wenn der Aktienmarkt crasht? Denn ziehen Anleger in der Regel ihr Geld aus den Märkten, müssen dieses jedoch irgendwo parken. Sie stecken es daher in andere Assets wie Gold, Rohstoffe, Anleihen oder inzwischen auch Kryptowährungen. Gerade in letzterem Asset kann weiter diversifiziert werden: Man kauft nicht nur den Bitcoin, sondern auch Altcoins wie Cardano, Ethereum, Polkadot oder Uni und lagert diese nicht nur bei einem einzigen Anbieter, sondern holt sich mehrere Plattformen ins Portfolio. Anleger von Mt. Gox hatten 2017 schließlich all ihre Einlagen verloren.

Ein breit gestreutes Portfolio, das in Aktien, P2P-Kredite, Anleihen, Rohstoffe und vieles mehr investiert, ist aus Risikosicht auf jeden Fall zu empfehlen.

Die Mathematik ist auf unserer Seite

Doch es gibt auch einen mathematischen Pluspunkt, der klar für ein breit diversifiziertes Portfolio spricht. Hierfür gehen wir zurück zum Aktienmarkt und stellen ein einfaches Gedankenexperiment an: Wir kaufen zu jeweils 1.000 Euro insgesamt 15 verschiedene Einzelaktien. Nun geht eine unserer Firmen pleite, womit wir von unseren anfänglich investierten 15.000 Euro nur noch 14.000 Euro aufgewandt haben. Um diesen Verlust wieder hereinzuholen, müssen die verbleibenden 14 Unternehmen im Schnitt um knapp 7,2 % zulegen, um gesamtheitlich wieder in die Gewinnzone zu rücken. Dieser Prozentsatz entspricht fast der durchschnittlichen Marktrendite eines breit gestreuten MSCI-World-ETF seit 1970, was also nicht unmöglich ist. Da wir ohnehin gute Unternehmen herausgesucht haben, ist die Chance eines Totalverlusts sehr gering – eigentlich ein No-Brainer das Ganze!

Vor allem, weil es ein einfaches Vehikel gibt, das einem die Arbeit kostengünstig abnimmt: Exchange-Traded-Funds, oder kurz ETFs. Ein breit gestreuter ETF, wie beispielsweise der MSCI World oder der FTSE, investiert vollautomatisch in tausende Unternehmen weltweit – da merkt man gar nicht, wenn eines davon mal pleite gehen sollte. Zu ETFs wird es daher noch den einen oder anderen Artikel hier auf TradingForFuture.de geben…

Keyfacts

  • Diversifikation bedeutet Risikostreuung
  • nicht alles auf eine einzige Karte setzen
  • kaufe Aktien aus unterschiedlichen Branchen
  • … aus unterschiedlichen Währungsräumen
  • … aus unterschiedlichen Wirtschaftsräumen
  • kaufe mindestens 15 unterschiedliche Titel
  • kaufe nicht nur Aktien, sondern auch Anleihen, P2P-Kredite, Kryptos, uvm.
  • nutze mehrere Anbieter

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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