Generationenkapital: Eine Aktienrente, die keine ist

Dass während der aktuell laufenden Legislaturperiode der Ampel-Koalition eine Rente mit Kapitaldeckung umgesetzt werden würde, um das anfällige und marode Rentensystem endlich fit für die Zukunft zu machen, stimmte uns beim Lesen des Koalitionsvertrages von SPD, Grüne und FDP zuversichtlich – gerade, wenn man berücksichtigt, dass eine spätere Nettorente von 2.000 Euro für viele unerreichbar bleiben würde. Doch die Aktienrente wird nun anders kommen, als eigentlich geplant.

Ursprünglich hatte die FDP in ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021 – federführend durch Johannes Vogel – vorgesehen, sich am EU-Nachbarn Schweden zu orientieren. Dort setzt man nicht auf ein rein umlagefinanziertes Modell, sondern baut auf mehreren Säulen auf. Schwedische Arbeitnehmer bezahlen zusätzlich zum klassischen Rentenbeitrag 2,5 % ihres Bruttoeinkommens in einen Vorsorgefonds ein, der breit gestreut und staatlich verwaltet am Kapitalmarkt investiert.

Der Fonds konnte in den letzten Jahren nicht nur durch die stetigen Einzahlungen der schwedischen Beitragszahler wachsen, sondern auch aufgrund der Wertsteigerungen an den Börsen, wenngleich es zuletzt mehr Anteile als Rendite gab. Sorgen um ihre Rente brauchten sich die Schweden aufgrund der zweiten Säule und dem Umlagesystem allerdings nicht zu machen. Langfristig ist der Kapitalstock im Schnitt sogar um 8 % gewachsen.

Ursprüngliche Pläne sahen Einzahlungen über Gehälter vor

Für Deutschland sah der FDP-Vorschlag vor, künftig 2 % des Arbeitgeberbruttos in einen solchen vom Staat organisierten Aktienfonds zu investieren. Jeweils 1 % sollten vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einbezahlt werden. Für beide hätte dies keine Steigerung der Beitragssätze bedeutet, wohl aber es ein Einschnitt für die Deutsche Rentenversicherung gewesen, deren Satz um zwei Prozentpunkte abgesenkt worden wäre. Damit wäre das ohnehin schon angeschlagene System zusätzlich belastet worden.

Aus der Aktienrente wird nach den derzeitigen Plänen der Bundesregierung das Generationenkapital und damit eher eine Aktienrücklage, als eine echte Aktienrente. Bereits im Koalitionsvertrag suchte man das Wort „Aktienrente“ vergebens. Zwar soll es weiterhin einen Aktienfonds geben, dessen Erträge sollen jedoch nicht dafür genutzt werden, um die späteren Rentenzahlungen zu erhöhen, sondern lediglich dafür sorgen, die Beitragssätze stabil zu halten. Mit Blick auf den demografischen Wandel und vor allem die geringen Rentenhöhen bei Gering- bis Durchschnitts-Verdienern dürfte dies nicht wirklich zielführend sein, um späteren, sozialen Zündstoff zu vermeiden.

Laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) soll 2038 das erste Geld aus dem Fonds in die Stabilisierung fließen. Bis dahin will der Liberale jährlich 10 Milliarden Euro einzahlen, wobei bislang nur die ersten 10 Milliarden für das Jahr 2023 als sicher gelten – die Regierungskoalition muss sich noch final abstimmen. Im Optimalfall wäre der Fonds 2038 also rund 150 Milliarden Euro schwer. Der Plan folgt eher dem norwegischen Staatsfonds – nur ohne Einnahmen durch die Ölindustrie und finanziert über zusätzliche Steuergelder.

Eher eine Unterstützung als Erhöhung der Rentenquote

Damit verzichtet die Ampel auf monatliche Zuflüsse seitens der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Vielmehr gehen die Einzahlungen künftig zulasten des Bundeshaushaltes, womit man für diesen Posten zusätzliches Geld aufnehmen muss. Die Deutsche Rentenversicherung wird bereits pro Jahr durch zusätzliche Steuergelder in Höhe von rund 100 Milliarden Euro gestützt. Diese Summe erhöht sich durch das Generationenkapital weiter.

Nach Reinhold Thiede, dem Leiter des sozialpolitischen Arbeitskreises der DRV Baden-Württemberg, bräuchte es sogar gut 17 Milliarden Euro für das Generationenkapital, um den Anstieg des Beitragssatzes zu verhindern. Wer von einer guten Rendite von 8 % jährlich ausgeht, müsste von einem Fondsvolumen in Höhe von rund 215 Milliarden Euro ausgehen. Damit wären die geplanten 10 Milliarden Euro nur einen Tropfen auf den heißen Stein und der Vorteil könnte sogar komplett verpuffen, weil in schlechten Jahren das Kapital aufgezehrt werden würde.

Eine solche Rendite wird mit Blick auf die Zusammensetzung ohnehin nicht erreicht werden können, denn der deutsche Staatsfonds soll dem bereits bestehenden KENFO-Fonds zugrunde liegen. Dieser wurde 2017 in einer Stiftung angelegt, um die Endlagerung von Atommüll sowie den Rückbau von entsprechenden Kraftwerken über 80 Jahre hinweg finanzieren zu können. Er ist mit rund 24 Milliarden Euro – eingezahlt durch die Energieversorger – gestartet. Der KENFO-Fonds sieht gerade einmal eine Aktienquote von 30 % vor und gibt eine Zielrendite von lediglich knapp 4 % jährlich an.

… doch selbst das wird schwer

Ohne Kapitalverzehr könnten daraus also nur 3 % jährlich entnommen werden. Damit bräuchte Lindner bis 2038 ein Fondsvolumen von stolzen 570 Milliarden Euro, um die jährlichen 17 Milliarden einfahren zu können, ohne den Beitragssatz um einen einzigen Prozentpunkt nach oben korrigieren zu müssen. Im Gegenzug wäre eine Rendite von üppigen 18 % p.a. notwendig, um in 15 Jahren auf das gewünschte Zielkapital zu kommen – auch das ist mehr als unrealistisch.

Das Generationenkapital hat also – so wie es jetzt geplant ist – Probleme, die Rentenbeiträge überhaupt stabilisieren zu können, ganz zu schweigen davon, die Rentenbeträge für künftige Generationen zu erhöhen. Die einstige Aktienrente der FDP wurde durch die Ampel zu einem faulen Kompromiss abgestraft, der langfristig keine Besserung bringen wird.

Damit bleibt wieder einmal mehr festzuhalten: Wer im Alter keine finanziellen Sorgen haben möchte, der darf sich keinesfalls auf staatliche Leistungen verlassen und muss stets eigenverantwortlich, zusätzlich vorsorgen

Keyfacts:

  • die Aktienrente kommt ganz anders
  • statt Einzahlungen über Gehälter fließen Steuergelder
  • …das belastet den Bundeshaushalt zusätzlich
  • es ist mehr eine Rücklage, als eine Rente
  • statt Renten zu erhöhen, sollen nur die Beitragssätze stabilisiert werden
  • doch selbst die geplanten 10 Milliarden Euro im Jahr reichen dafür nicht aus
  • … es müssten mindestens 17 Milliarden Euro sein
  • … oder der Staatsfonds müsste unrealistische Renditen machen
  • KENFO-Fonds hat jedoch nur eine Zielrendite von 3 %

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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