Finanzberater, die sich bei der Vermittlung von Finanzprodukten überwiegend durch Provisionen finanzieren, können aufatmen: Die EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness ist kürzlich von ihren ursprünglichen Plänen, ein striktes Provisionsverbot für die Finanzberatung festzusetzen, abgerückt. Ein solches hätte das Aus für etwa 300.000 Finanzvermittler in Deutschland bedeutet – allen voran Bank- und Vermögensberater wie beispielsweise von der DVAG, die allein im Jahr 2021 Umsätze in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro über Kundenprovisionen eingenommen hatte.
Tatsächlich ist das Provisionsverbot für McGuinness jedoch nicht gänzlich vom Tisch. Das Grundproblem, dass Berater, die für die Produktvermittlung eine Provision erhalten, nicht unabhängig beraten könnten und als Verkäufer in einen Interessenkonflikt zum eigentlichen Kunden kommen würden, bestünde auch weiterhin. Der Vorschlag für ein neues Gesetzespaket, welches Ende Mai vorgelegt wurde, sei daher als ein vorsichtiger Einstieg in ein Provisionsverbot anzusehen.
Mehr Transparenz und bessere Beratung
In einem ersten Schritt sollen Berater, bzw. Verkäufer von Finanzprodukten auf beratungsfreie Vermittlungen keinerlei Provision mehr erhalten. Vor allem will die Kommission durchsetzen, dass Vermögens- und Bankberater künftig offenlegen sollen, wie hoch die Provision an den Berater für die Vermittlung tatsächlich ausfällt, um mehr Transparenz zu schaffen. In einem dritten Schritt sollen die Aufsichtsbehörden neue Prüfkriterien entwickeln, die die Berater dazu verpflichten, den individuellen Kundenbedarf in deren Interesse vor der Vermittlung genauer zu untersuchen. So soll eine bessere, individuelle Beratung möglich werden.
Tatsächlich fehlen die Provisionen, die beim Abschluss von Lebensversicherungen, Fondssparplänen oder Bausparverträgen anfallen, später dem Anleger. Wer über Jahrzehnte spart, verliert dadurch gerade nach hinten heraus sehr viel Geld, bzw. muss die angelaufenen Kosten zunächst wieder hereinholen, was bei einer durchschnittlichen Marktrendite von ca. 7 % pro Jahr und Ausgabeaufschlägen sowie Performance-Gebühren von etwa 3 bis 5 % nicht gerade einfach ist. Aber auch Abschlussgebühren müssen vom verkauften Finanzprodukt wieder eingeholt werden.
Viel schwerer wiegt die Tatsache, dass provisionsfinanzierte Finanzberater nicht unabhängig agieren können, sondern oft die Produkte verkaufen, die entweder von der Hausbank aus Umsatzgründen vorgeschrieben werden oder die schlichtweg dem Berater die höchsten Sätze bezahlen. Es besteht ein Interessenkonflikt. Abhilfe schafft lediglich die Honorarberatung, für die jedoch ebenfalls eine hohe Summe bezahlt werden muss.
Eigenverantwortliche Vorsorge bleibt die beste
Welche Auswirkungen die Kosten für Transaktionen, Verwaltung und Abschluss bei der langfristigen Altersvorsorge haben, darauf sind wir in diesem Blog schon mehrfach eingegangen. Unsere Empfehlung bleibt, die eigenen Finanzen selbst in die Hand zu nehmen und sich unabhängig von anderen zu machen. Bis dahin wird der Kommissionsvorschlag von den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament weiter beraten werden müssen. Bis aufs Erste wird sich für den Kleinanleger und die Finanzverkäufer allerdings nichts ändern.
- Barghoorn, Kolja(Autor)
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