Wie das deutsche Rentensystem funktioniert

Während des Wahlkampfs zur Bundestagswahl 1987 machte sich der damalige CDU-Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Dr. Norbert Blüm, für die deutsche Rentenversicherung stark und betonte immer wieder: „Die Rente ist sicher„. Ein Satz, der sich in vielen Köpfen der deutschen Bundesbürger einbrannte. Dass dies nur wenige Legislaturperioden später nicht mehr stimmen könnte und man sich heute besser selbst um seine Altersvorsorge kümmern sollte, das konnte man sich damals nicht ausmalen. Bevor wir jedoch auf diese Details in einer mehrteiligen Artikelstrecke eingehen, wollen wir uns zunächst einmal anschauen, wie das deutsche Rentensystem grob funktioniert.

Die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland ist einer von vielen Punkten des Sozialsystems und sicherlich einer der wichtigsten Bestandteile des Sozialstaates überhaupt. Sie dient einigen Berufs- und Personengruppen zur Altersvorsorge und soll die Zeit im wohlverdienten Ruhestand finanziell absichern. Jeder Beschäftigte der Privatwirtschaft zahlt verpflichtend und automatisch über sein Bruttogehalt ein und erhält nach Renteneintritt Anspruch auf monatliche Zahlungen. Neben Altersrenten werden außerdem Leistungen bei verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenrenten bezahlt.

Das deutsche Rentensystem: Ein Umlagesystem

Das System basiert auf einem Umlageverfahren: Jede Generation finanziert durch ihre Einzahlung die Renten der älteren Generationen. Das eingezahlte Geld wird direkt umgelegt und ausgezahlt. Wer heute arbeitet, bezahlt die Renten anderer und bekommt seine Ansprüche später durch die folgende Generation der Kinder und Enkelkinder beglichen, was in der Politik als Generationenvertrag bezeichnet wird. Wie hoch der Rentenanspruch später sein wird, hängt von der Dauer und Höhe der Einzahlungen ab.

Konkret bedeutet dies: Wer länger einzahlt und mehr verdient, bekommt im Alter eine höhere Rente. Wer allerdings übermäßig viel verdient, dessen Ein- und spätere Auszahlungen werden gedeckelt.

Entgeltpunkte im Rentensystem

Im Laufe eines Arbeitslebens variiert das Jahresgehalt eines jeden Beitragszahlers und damit die Einzahlungen in die Rentenversicherung. Um dies zu berücksichtigen, werden die Beträge in sogenannte Entgelt-, bzw. Rentenpunkte umgewandelt. Ein solcher Punkt wird gesammelt, wenn der Beitragszahler genauso so viel verdient, wie der Durchschnitt aller Einzahler eines jeden Kalenderjahres. Das individuelle Jahreseinkommen wird also durch das durchschnittliche Einkommen aller Versicherten geteilt, wobei das Durchschnittsgehalt von der Deutschen Rentenversicherung jährlich ermittelt wird. Im Jahr 2020 lag dieses bei 40.511 Euro brutto im Jahr. Wer genau im Schnitt lag, erhielt für 2020 exakt einen Punkt, wer darüber oder darunter lag, bekam anteilsmäßig Punkte gutgeschrieben.

Beispiel: Peter Huber kam im Jahr 2020 auf ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.700 Euro und damit auf ein Jahresgehalt von 32.400 Euro brutto. Er verdiente somit weniger als der Schnitt aller Beitragszahler. Die 32.400 Euro entsprechen anteilig der 40.511 Euro 0,7997 Punkte. (32.400/40.511)

Alle gesammelten Entgeltpunkte werden dann jedes Jahr von der DRV auf dem Beitragskonto gesammelt und zu Renteneintritt mit verschiedenen Faktoren multipliziert, um die endgültige Rentenhöhe zu ermitteln. Für das Jahr 2020 gab es für einen Beitragszahler aus dem Western bei Regeleintritt 34,19 Euro je vollen Entgeltpunkt. Wer also 40 Jahre lang stets so viel wie der Durchschnitt verdient hat, bekam 2020 eine Regelaltersrente in Höhe von 1.367,60 Euro ausbezahlt.

Beispiel: Peter Huber hat während seiner 38,5-jährigen Berufslaufbahn 36,2837 Rentenpunkte gesammelt. Als Beitragszahler aus einem der neuen Bundesländer erhält er je Rentenpunkt 33,23 Euro und somit eine Altersrente in Höhe von 1.205,71 Euro. (36,2837*33,23)

Es wird jedoch schnell sehr komplex

Das deutsche Rentensystem ist allerdings viel komplexer als in der obigen, vereinfachten Darstellung gezeigt. So besteht beispielsweise seit 2021 ein theoretischer Anspruch auf Grundrente, der eine Aufstockung zur gesetzlichen Rente für Menschen gewährt, die zwar viele Jahre gearbeitet und eingezahlt, dabei jedoch unterdurchschnittlich viel verdient haben. Wer während seiner beruflichen Laufbahn Angehörige gepflegt oder Kinder erzogen hat, bekommt unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls Entgeltpunkte gutgeschrieben. Andere, die aus gesundheitlichen Gründen früher in die Rente eintreten mussten, haben je nach Grad der Erwerbsminderung ebenfalls Anspruch. Außerdem gibt es Abschläge für Rentner, die vor der Regelaltersgrenze von derzeit 67 Jahren in Rente gehen. Ein möglicher Dazuverdienst im Alter kann zu Änderungen führen, genau wie der Tod des Lebenspartners.

Jede Rente ist also immer individuell. Beitragszahler können sich bei Fragen direkt an die Deutsche Rentenversicherung wenden. Jedes Jahr erhalten alle Versicherte ab dem 27. Lebensjahr automatisch ihre Renteninformation mit einer Auflistung aller bisher geleisteten Zahlungen und dem bisherigen Stand der gesammelten Entgeltpunkte zugeschickt.  

Keyfacts:

  • das deutsche Rentensystem basiert auf einem Umlageverfahren
  • Versicherte bezahlen die Renten der Älteren
  • Beitragsjahre und -Höhe bestimmen den Rentensatz
  • Einzahlungen werden in Entgeltpunkte umgewandelt
  • für jeden Entgeltpunkt gibt es später einen bestimmten Beitragssatz
  • Erwerbsminderung, Pflege, Erziehung und Arbeitsort haben Einfluss auf die Rente
  • die Deutsche Rentenversicherung hilft bei Fragen

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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