Wer geglaubt hat, dass das Jahr 2022 vieles verändert habe und mitunter zu den ereignisreichsten des vergangenen Jahrzehnts gehöre, der wurde in diesem Jahr eines Besseren belehrt. Noch immer herrscht Krieg in Europa. Nur wenige hundert Kilometer vor unserer Haustüre. Ein Krieg, den Wladimir Putin und Russland seit über 660 Tagen gegen ein freies, demokratisches Land führen, das unsere Werte verteidigt und eigentlich nichts anderes will, als ein friedliches und respektvolles Miteinander.
Dieser Krieg hat hierzulande vieles verändert. Deutschland zeigt Solidarität und unterstützt die Verteidigung seiner Werte mit Waffen, Munition und humanitären Hilfsgütern. Anfangs tat sich die Regierung schwer, inzwischen gehören Waffenlieferungen oder gar die Aufstockung des eigenen Militärhaushaltes zur Tagesordnung. Aufgrund des Verzichts russischen Gases wurde Energie erheblich teurer, die Politik musste um notwendige Alternativen ringen.
Wir haben gemeinsam viel geschafft, um unsere Freunde zu unterstützen!
Mehr Kriege auf der Welt
Trotzdem haben wir es als Deutschland und Europa nicht geschafft, das tägliche Leid in der Ukraine zu beenden. Im Gegenteil: Die Ukraine ist trotz milliardenschwerer Hilfspakte gerade in den letzten Wochen zusehends in den Hintergrund gerückt. Denn seit dem 7. Oktober tobt ein weiterer Krieg auf dieser Welt, der gerade das deutsche Volk aufhören lässt: Die Terrororganisation Hamas ist auf barbarische Weise in Israel eingefallen, hat unschuldige Jugendliche eines Musikfestivals verschleppt, vergewaltigt und bis in den Tod gefoltert. Kleinkinder wurden geköpft, ganze Familien im Kugelhager ausgelöscht. Krankenhäuser als Waffenlager benutzt, Menschen als Schutzschilde eingesetzt, weit verzweigte Tunnelsysteme sind entstanden, um unentdeckt die Pläne auszuführen oder Geiseln zu verstecken. Der Angriff auf Israel ist das größte Massaker an Juden seit dem Holocaust.
Israel hat wie die Ukraine das Recht sich zu verteidigen. Trotzdem prescht in Deutschland Antisemitismus verstärkt in die Öffentlichkeit und macht selbst bei Studenten – der Bildungselite von morgen – nicht Halt. Unterstützer der Hamas verteilen Süßigkeiten in Deutschland an die Bevölkerung und gehen jubelnd auf die Straße. Unsere liberale Demokratie und die freie Meinungsäußerung müssen das verkraften – trotzdem scheint all dies nach Jahrzehnten des Friedens nun wieder zu bröckeln. Weihnachtsmärkte müssen mit Pollern geschützt werden, damit unsere Bevölkerung nicht von Terroristen angegriffen wird – wie bereits 2016 geschehen am Berliner Breitscheitplatz.
Wandel der Gesellschaft
Das alles macht etwas mit unserer Gesellschaft. Sie fordert inzwischen verstärkt schärfere Abschieberichtlinien für Asylbewerber oder gar die finanzielle Unterstützung für Ausländer zu streichen. Verstärkt gewinnen Populisten die Oberhand, politische Ränder erhalten regen Zulauf – egal ob auf rechts oder linker Seite.
Vor allem scheint sich unsere Gesellschaft hin zu absolutistischen Meinungsäußerungen zu wandeln. Wer sich nur ein Stückweit von der Meinung eines anderen entfernt und sich womöglich nur ein bisschen von der Mitte weg in eine Richtung bewegt, wird gleich in die entsprechende Schublade gesteckt. Argumentativer Austausch findet kaum noch statt. Im Gegenteil: Man spricht von Streit. Wenn die drei Parteien der Bundesregierung, die inhaltlich gar nicht verschiedener sein könnten, dem demokratischen Prozess der Konsensfindung nachgehen, um einen Kompromiss und damit ein Ergebnis suchen, das Mehrheiten auf sich ziehen kann, wird sofort von „Streit“ gesprochen. Es zählt nur noch die eigene Meinung.
Ich würde mir wünschen, dass wir wieder mehr einander zuhören, die Meinung eines anderen akzeptieren und vor allem anhören, um Gemeinsamkeiten zu suchen. Am Ende wollen wir alle nämlich nur eines: Eine bessere Gesellschaft ohne Leid, Armut und Krieg. Einzig die Wege dorthin können, dürfen und müssen verschieden sein – niemand hat schließlich den perfekten Plan. Lasst uns gemeinsam einen Strang erarbeiten, den wir alle mit bestem Gewissen ziehen können!
In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!