Vor allem Frauen droht die Altersarmut

Obwohl sie vielleicht ihr ganzes Leben gearbeitet und damit ihren Teil zum Gemeinwohl beigetragen haben, gelten in Deutschland mehr als 18 % aller Rentner als arm oder armutsgefährdet. Häufig ist am Monatsende kein Geld mehr für den Zoo-Besuch oder für Kaffee und Kuchen vorhanden. Oft reicht es nicht einmal mehr für eine neue Brille oder die Medikamenten-Zuzahlung. Die Folge ist ein sozialer Rückzug.

Besonders oft sind es Frauen, die sich im Alter mit kleinen Jobs finanziell über Wasser halten müssen. Obwohl es ihnen im Alter ohnehin schon körperlich schwerfällt, tragen viele Zeitungen aus, verkaufen hinter der Theke Brötchen oder gehen einem Putzjob nach. Laut der Deutschen Rentenversicherung sind im Jahr 2020 durchschnittlich 970 Euro an Renten ausbezahlt worden. Dabei bekamen Männer im Schnitt mit 1.138 Euro deutlich besser weg als Frauen, die sich mit nur 783 Euro zufriedengeben mussten. Sie sind deutlich stärker von Altersarmut bedroht.

Die Gründe liegen auf der Hand: Zum einen unterbrechen viele Frauen ihre Erwerbstätigkeit für die Kindererziehung oder die Pflege der Eltern. Zumindest gehen sie häufiger in Teilzeit und zahlen so erheblich weniger in die DRV ein, was in weniger Entgeltpunkten resultiert und später in einer geringeren Rente mündet. Die traditionelle Rollenverteilung hat noch immer gravierende Auswirkungen auf die spätere Rente und ist mit ein Auslöser für den späteren, sozialen Abstieg.

Kommt dann noch die Scheidung vom Ehemann, müssen Frauen die gestiegenen Kosten im Single-Haushalt auffangen und wieder einen Job finden, der sie für das Alter absichern kann. Das gelingt aufgrund der langen Pause nicht immer. Ist diese zu lange, werden nicht einmal die Voraussetzungen zur Grundrente erreicht, denn nur wer 33 Jahre lang eingezahlt hat, bekommt die Aufstockung.

Ungleicher Verdienst, häufig Niedriglohnsektor

Der Durchschnittsverdienst bei Frauen liegt deutlich unter dem der Männer. Laut dem Statistischen Bundesamt verdienten Frauen innerhalb der Europäischen Union rund 15 % weniger als Männer. In Deutschland fiel das Gender-Pay-Gap mit 20 % sogar noch größer aus, womit Deutschland im EU-Vergleich die höchsten Verdienstunterschiede zwischen Mann und Frau macht und insgesamt auf dem fünften Platz rangiert. Lediglich in Estland, Lettland, der Slowakei und dem Vereinigten Königreich waren die Gehaltsunterschiede zwischen den beiden Geschlechtern gleichwertig oder noch größer.

Insgesamt sind in Deutschland rund 20,7 % im Niedriglohnsegment beschäftigt. Hier zeigt sich ebenfalls, dass vor allem Frauen betroffen sind. Unter den Damen lag die Niedriglohnquote 2018 bei 18,8 %, bei Männern mit 12,5 % deutlich darunter. Frauen arbeiten häufiger in gering bezahlten Berufen und Branchen. Das macht sich später bemerkbar.

Im Dezember 2020 bezogen rund 1,1 Millionen Menschen Leistung aus der Grundsicherung im Alter. Da sich gerade ältere Menschen davor scheuen, Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen – beispielsweise aus Sorge, dass ihre Kinder zur Kasse gebeten werden könnten – dürfte die Dunkelziffer noch deutlich darüber liegen. Die Sorge ist meist jedoch unbegründet, denn das Einkommen der Kinder wird von den Sozialkassen erst dann berücksichtigt, wenn diese mehr als 100.000 Euro im Jahr verdienen.

Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt ab einem Monatseinkommen von weniger als 865 Euro im Alter Grundsicherung zu beantragen. Dieser Wert ist höher als die Durchschnittsrente aller deutschen Frauen…

Keyfacts:

  • Frauen verdienen noch immer weniger als Männer
  • Frauen kümmern sich häufig um die Kindererziehung
  • … oder um die Eltern
  • sie gehen daher öfters in Teilzeit oder unterbrechen ihren Job komplett
  • viele arbeiten im Niedriglohnsektor
  • mit einer Scheidung wird alles noch schwieriger

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

Alle Beiträge ansehen von Andreas Stegmüller →