Wie wir die Rente besser machen könnten

Dem deutschen Rentensystem steht nicht gerade eine rosige Zukunft bevor. Nicht nur, weil vielen Versicherten ohne zusätzliche Vorsorge im Niedrigzinsumfeld die Altersarmut droht, sondern auch weil der demografische Wandel die Finanzierung gefährdet. Alleine im letzten Jahr hat der Bund rund 100 Milliarden Euro Steuergelder in das System gepumpt. Das entspricht knapp einem Viertel des gesamten Haushaltes. Um den Generationenvertrag aufrecht zu erhalten, das System langfristig auf ein nachhaltiges Finanzierungskonzept zu stellen und allen Rentnern somit einen sorgenfreien Lebensabend zu ermöglichen, muss das Rentenmodell grundlegend überarbeitet werden.

Das könnte über zwei Bausteine erfolgen: Zum einen sollte die Politik denjenigen weniger Steine in den Weg legen, die eigenverantwortlich für ihr Alter vorsorgen, um Staat und Gesellschaft später weniger auf der Tasche zu liegen. Zum anderen sollte die Rentenversicherung mutiger werden. In Zeiten, in denen Sparer auf ihrem Tagesgeldkonto nicht einmal mehr 0,1 % Zinsen erhalten, müssen höhere Risiken eingegangen werden, die jedoch breit gestreut und auf eine Vielzahl von Mitversicherten umgelegt, durchaus gangbar sind. Die Menschen in Deutschland sollen am Wachstum der Aktienmärkte teilhaben, ohne sich selbst bis ins kleinste Detail mit dem Thema auseinandersetzen zu müssen.

Schweden und Norwegen sind die Vorbilder

Wie das funktionieren kann, zeigen unsere beiden EU-Nachbarn Schweden und Norwegen. Dort setzt man nicht auf ein rein umlagefinanziertes Modell, sondern baut auf mehreren Säulen auf. So müssen schwedische Arbeitnehmer zusätzlich zum klassischen Rentenbeitrag 2,5 % ihres Bruttoeinkommens in einen Vorsorgefonds investieren. Dieser wird staatlich verwaltet und unterliegt einem strengen Portfoliomanagement. Der sogenannte AP7-Fonds investiert zu 95 % in Aktientitel, die restlichen 5 % werden auf Anleihen und liquide Mittel verteilt. Der Fonds ist überwiegend in Industrieländern investiert, nur ca. 20 % machen Schwellenländer in der Gewichtung aus. Die größten Branchen sind Finanzdienstleistungen, Technologie und der Gesundheitssektor.

Das System ähnelt dem eines breit gestreuten ETF und rentierte in den letzten Jahren überaus hervorragend. So wuchs der Fonds nicht nur durch die stetigen Einlagen der schwedischen Beitragszahler, sondern auch aufgrund der Wertsteigerungen an den Kapitalmärkten. Je nach Jahr war eine Performance von bis zu 36 % möglich, über die letzten Jahre betrugen die jährlichen Zuwachse meist 8 %. In schlechten Jahren, wie 2015 oder 2018, verlor der AP7-Fonds etwa 1,0 bis 10 %. Dann kauften die Beitragszahler günstiger ein, wohingegen die Rentner über die beiden anderen Säulen abgesichert waren und sich keine Sorgen über ihre Rentenzahlungen machen mussten. Neben diesem Fonds profitieren schwedische Arbeitnehmer von einer Betriebsrente, die vom Arbeitgeber finanziert wird und natürlich von der üblichen Rentenversicherung.

Die Norweger besitzen hingegen einen der größten Staatsfonds überhaupt, der die Mittel der Sozialversicherung verwaltet. Er hat in den letzten Jahren ebenfalls erheblich hinzugewonnen und investiert zu rund zwei Dritteln in Aktien, die breit gestreut auf etwa 9.000 Unternehmen aufgeteilt werden. Rund 1,5 % aller weltweit verfügbaren Aktien gehören inzwischen dem norwegischen Pensionsfonds. Jährlich dürfen bis zu 3 % des Kapitals in den Staatshaushalt überführt werden, der Staat garantiert sogar eine Mindestrente in Höhe von 1.600 Euro brutto.

Finanziert wurde der norwegische Staatsfonds überwiegend aus Gewinnen der Öl- und Gas-Vorräte des Landes. Eine Zwitterlösung wie in Schweden wäre daher für Deutschland realistischer.

Die deutsche Aktienrente der Liberalen

Schaut man sich in der deutschen Politiklandschaft um, so sprechen sich die wenigsten Politiker für eine kapitalgedeckte Rentenversicherung aus. Für viele ist die Aktie nur ein böses Zockerpapier. Einzig die Liberalen und Teile der Union haben dies erkannt. Vorgeprescht sind vor allem die FDP und Johannes Vogel, rentenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag. Sie haben den Stein für eine mögliche Aktienrente ins Rollen gebracht. Gemeinsam mit seiner Partei fordert Vogel ein ähnliches Konzept wie in Schweden.

So sollen vom Arbeitgeberbrutto künftig 2 % in einen solchen vom Staat organisierten Aktienfonds fließen, der ebenfalls langfristig und weltweit gestreut in den Kapitalmarkt investieren soll. Jeweils 1 % sollen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlt werden. Im Gegenzug soll es weiterhin die klassischen Einzahlungen in die Rentenversicherung sowie die Umwandlung in Rentenpunkte geben. Schade, dass die FDP hier die verpflichtenden Sparraten nicht direkt an Arbeitgeber und Arbeitnehmer weiterleitet, sondern dies auf Kosten der ohnehin schon finanziell angeschlagenen Rentenversicherung tut. Die Beträge sollen nämlich von dieser abgezogen werden.

Auf jeden Fall: Höhere Aktienquote!

Ob eine solche Aktienrente tatsächlich nach Deutschland kommen wird, bleibt abzuwarten. Die Aktionärsquote und damit das Verständnis für das Investieren ist hierzulande ausgesprochen gering. Gerade einmal 13 % der Deutschen sind in Aktien investiert. Das muss sich ändern!

Keyfacts:

  • eigenständige Altersvorsorge muss gefördert werden
  • aktienbasierter Staatsfond muss her
  • … wie in Schweden oder Norwegen
  • die FDP hat ein entsprechendes Konzept auf dem Tisch
  • wir brauchen eine höhere Aktienquote

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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