Zinseszins: Jeder kennt ihn, kaum einer nutzt ihn

Wenn ich mich zurück an meine Schulzeit erinnere, dann ist der Zinseszins-Effekt das einzige, das ich in der Schule über Geld gelehrt bekommen habe. Später, in der Praxis, als ich versehentlich meine erste Ausschüttung eines aktiven Fonds erhalten hatte, habe ich den unerwarteten Geldsegen für meinen Konsum verwendet und mich belohnt. An eine Neuanlage der Dividenden hatte ich nicht gedacht. Ich kannte den Effekt, unterschätzte ihn jedoch gnadenlos. Das dürfte wohl für die meisten gelten, die ihr Geld eher zinsarm anlegen oder ihre Geldanlage gar komplett aus der Hand an ihren Bankberater abgegeben haben. Doch schon Albert Einstein wusste es besser:

Der Zinseszinseffekt ist das achte Weltwunder. Wer ihn versteht, verdient daran, alle anderen bezahlen ihn.

Albert Einstein

Der Zinseszins kann vor allem langfristig wie ein Schneeball wirken. Zunächst kommt er nur langsam ins Rollen, formt sich dann jedoch immer schneller zu einer mächtigen Lawine. Das Konzept ist denkbar einfach: Wer sein Geld jemand anderem zur Verfügung stellt und damit Zinsen als Entschädigung für sein eingegangenes Risiko erhält, der kann das zusätzlich erhaltene Geld einfach wieder mit anlegen und bekommt so absolut gesehen eine noch größere Summe zurück. Man kann mit Geld weiteres Geld verdienen und dieses sprichwörtlich „für sich arbeiten lassen„. Der Zinseszins-Effekt ist ein einfaches Mittel, Vermögen aufzubauen, wird jedoch häufig unterschätzt und nicht genutzt.

Vergleich: Mit und ohne Zinseszins

Wer 5.000 Euro zu einer Rendite von 5 % pro Jahr anlegt und die Zinsen am Jahresende zwar sammelt, jedoch nicht mit neu anlegt, der bekommt jedes Jahr 250 Euro gutgeschrieben. Nach 20 Jahren hat er ein Kapital von 10.000 Euro, wobei jeweils die Hälfte aus eigener Rücklage und die andere aus Zinsgutschriften stammt. Es braucht in diesem Beispiel 20 Jahre, um das eingesetzt Kapital ohne Zinseszins-Effekt zu verdoppeln.

JahrStartkapitalZinsenEndkapital
15.000,-250,-5.250,-
25.000,-250,-5.500,-
35.000,-250,-5.750,-
45.000,-250,-6.000,-
55.000,-250,-6.250,-
105.000,-250,-7.500,-
155.000,-250,-8.750,-
205.000,-250,-10.000,-

Anders sieht es aus, wenn die am Jahresende erhaltenen Zinsgutschriften im nächsten Jahr mit angelegt werden. Dann ist die Verdopplung schon nach etwa 15 Jahren möglich. Aus den 10.000 Euro werden nach 20 Jahren schließlich 13.226,49 Euro. Insgesamt hat man Zinszahlungen in Höhe von 8.266,49 Euro erhalten, anstatt nur 5.000 Euro ohne Inanspruchnahme des Zinseszins.

JahrStartkapitalZinsenEndkapital
15.000,00,-250,00,-5.250,00,-
25.250,00,-262,50,-5.512,50,-
35.512,50,-275,63,-5.788,13,-
45.788,13,-289,41,-6.077,53,-
56.077,53,-303,88,-6.381,41,-
107.756,64,-387,83,-8.144,47,-
159.899,66,-494,98,-10.394,64,-
2012.634,75,-631,74,-13.266,49,-

Zinseszins und Langfristigkeit immer nutzen!

Damit sollte man seine erhaltenen Zinszahlungen stets wieder mit anlegen, um das Vermögen bestmöglich wachsen zu lassen, was wir für unsere Altersvorsorge unbedingt brauchen. Je kürzer der Zeitraum der Zinszahlung ist, desto besser. In der Regel bezahlen Banken die Zinsen am Jahresende aus. Es gibt jedoch auch Angebote, bei denen quartalsweise oder gar monatlich die Zinszahlungen erfolgen. Solche Angebote sind bei gleichbleibendem Risiko stets vorzuziehen. Der Zinseszins wirkt vor allem nach hinten raus und damit vor allem dann, wenn er lange für uns arbeiten durfte. Die Langfristigkeit ist bei der Ausnutzung unabdingbar – die Vermögenskurve wird mit längerer Anlagedauer immer steiler, fast schon exponentiell:

Die größten Hebel sind hohe und häufige Zinszahlungen sowie der Faktor Zeit. Der Zinseszins hat enorme Auswirkungen auf unsere Geldanlage und ist nicht zu unrecht von Albert Einstein als das achte Weltwunder bezeichnet worden.

Keyfacts:

  • für den Zinseszinseffekt müssen erhaltene Zinszahlungen stetig neu angelegt werden
  • eine Verdopplung des eingesetzten Kapitals tritt dann schon weitaus früher ein
  • insgesamt erhält man deutlich mehr Zinsen auf sein Startkapital
  • Faktor Zeit und der Zeitraum der Zinszahlungen sind entscheidend
  • der Zinseszinseffekt wird nicht umsonst als das achte Weltwunder angesehen

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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