Der Unterschied zwischen Spekulation und Investition

„Mit der Rente spekuliert man nicht!“ – So oder so ähnlich äußerten sich im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021 immer wieder linke Politiker zum Vorschlag der Aktienrente, die allen voran durch Johannes Vogel und die FDP nach Schwedens Vorbild für Deutschland initiiert wurde. Anstatt selbst einen konstruktiven Vorschlag zu präsentieren, wie man das deutsche Rentensystem endlich langfristig auf ein nachhaltiges Fundament stellen könnte, gab es von ihnen nur Seitenhiebe und inhaltslose Versprechen. Allgemein wird die Spekulation in der Gesellschaft als schändlich angesehen, wohingegen Investitionen als zukunftsträchtig erachtet werden. Dass ein Rentensystem, das an der Börse Geld für seine Versicherten anlegt, noch lange keine Spekulation ist, wollen wir in diesem Artikel näher erläutern.

Grunddefinition gleich, trotzdem muss man abgrenzen

Der Begriff „Spekulation“ wird vom lateinischen Wort „speculatio“ abgeleitet. Das bedeutet so viel wie „Ausspähen“ oder „Auskundschaften“. Auf das Börsenszenario übertragen wird also der Versuch beschrieben, die Zukunft vorhersagen zu können. Wer spekuliert, versucht die künftige Entwicklung vorwegzunehmen, um sich darauf einstellen zu können. Wer jedoch etwas ausgespäht oder ausgekundschaftet hat, der hat damit bereits Vorkehrungen getroffen, sich vorzubereiten und sich damit durchaus ein Stück weit abgesichert. Konkret bedeutet dies: Wer an der Börse spekuliert, der hat sich den Markt genau angesehen und kann daher fast schon bedenkenlos die Zukunft vorhersagen, um seine Gewinne machen zu können.

Worin liegt jetzt aber die Abgrenzung zum Investor? Ganz klar in der Haltedauer der Position. Während ein Spekulant eher auf das schnelle Geld aus ist und seine Gewinne möglichst schnell einfahren möchte, geht es beim Investor deutlich gemächlicher zu. Er investiert viel Zeit in seine Recherche. Wer in Einzelaktien investiert, muss als richtiger Investor mit seinem Unternehmen bestens betraut sein. Er sollte nicht nur das Geschäftsmodell verstehen oder mögliche Konkurrenten kennen, sondern vor allem auch die Geschäftszahlen im Blick haben. Erst wenn das Unternehmen eine gute finanzielle Basis besitzt, oder diese in unmittelbarer Zukunft erlangen könnte, investiert er Geld.

Im Gegensatz zum Spekulanten ist der Investor nicht böse, wenn der Aktienwert einmal einen Rücksetzer macht und damit den Investor Geld kostet. Er wartet entweder ab oder gibt nach weiterer Recherche und Analyse der neuen Gegebenheiten weiteres Geld hinzu, das dann im Falle einer Kurserholung schneller in die Break-Even-Zone gelangt. Vor allem hat der Investor einen großen Vorteil: Die Zeit und damit die Haltedauer der Position. Beim Spekulanten müssen die Gewinne schnell kommen, ein Investor hat Interesse daran, dass sich langfristige Erfolge einstellen.

Statistik ist auf Seite des Investors

Dafür sprechen im Übrigen auch die Zahlen und Statistiken aus der Vergangenheit. Wer in der Vergangenheit egal zu welchem Zeitraum und Kurs in den DAX investiert und diese Position mindestens 20 Jahre lang gehalten hat, erzielte eine durchschnittliche Rendite von 8,7 % pro Jahr. Im schlechtesten Fall betrug das Plus immerhin 3,3 %, im besten Fall sogar 15,2 %.

Wer die Position hingegen schon nach einem Jahr wieder auflöste, machte zwar im Schnitt 10,8 % Rendite, setzte sein Portfolio aber auch dem Risiko aus, bis zu 43,9 % zu verlieren. Kurzfristige Anlagen haben sowohl nach oben wie nach unten hin großes Potential. Wer seinen Anlagehorizont stetig verlängert, lässt das Risiko nach unten und damit das Verlustrisiko immer mehr gegen Null laufen. Und wir sprechen hier nur vom DAX und damit von einem Asset, das nicht sonderlich gut diversifiziert ist, was mit Blick auf das Risiko ebenfalls ein Wahrscheinlichkeitserhöher für den Investor sein kann.

Fazit: Eine Spekulation hat immer einen kurzen Anlagehorizont und bezieht sich meist nur auf wenige Assets. Eine Investition hingegen bringt einen langen Anlagehorizont mit sich. Zusätzlich wird viel Aufwand in der Recherche betrieben (wenn es nicht gerade einfache ETFs sind). Im Optimalfall kauft ein Investor in Krisenzeiten sogar noch nach. Ein Staatsfond ist genau Letzteres und damit sicher keine Spekulation!

Keyfacts:

  • ein Spekulant ist immer auf schnelle Gewinne aus
  • ein Investor bringt einen langen Anlagehorizont mit
  • und betreibt viel Recherche-Aufwand sowie Diversifikation

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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