Deutschland braucht einen norwegischen Staatsfonds

Während Olaf Scholz mit seinen Anlagen auf dem Sparbuch womöglich nur ein paar Euro Zinsen an Cashflow generiert haben dürfte, hat der norwegische Staatsfonds Einnahmen in Milliardenhöhe aus Dividenden, Zinsen und Immobilien eingefahren. Im ersten Halbjahr 2022 beliefen sich die Ausschüttungen für den weltgrößten Staatsfonds auf über 13,3 Milliarden NOK, was umgerechnet etwa 1,35 Milliarden Euro entspricht. 

Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit, denn unter dem Strich musste der Fonds in den ersten sechs Monaten des Jahres einen Rekordverlust verbuchen. Der Marktwert sank um 1,68 Billionen NOK und brach somit um 14,4 % ein. Verwaltete der Fonds Ende 2021 noch 12,34 Billionen NOK, waren es Ende Juni nur noch 11,66 Billionen NOK. Es ist der größte Halbjahresverlust seit der Gründung 1996. Der Krieg in Europa, die hohe Inflation und die steigenden Zinsen setzten dem Fonds zu.

Hauptsächlich die schwächelnden Aktienmärkte schlugen sich im Ergebnis nieder, welche allein für einen Rückgang von fast 17 % verantwortlich waren. Vor allem der Techniksektor mit Meta, Amazon und Apple, aber auch mit Microsoft und Alphabet war der Schuldige. Starke Rückläufer gab es außerdem in den Sparten Konsumgüter, Industrie und dem Finanzsektor. Einzig der Energiebereich konnte für Gewinne sorgen und das Minus etwas verringern. Das ist angesichts der hohen Rohstoffpreise jedoch nicht verwunderlich. Außerdem schwächelte der Wechselkurs der norwegischen Krone und wertete gegenüber mehreren Hauptwährungen ab.

Langfristig wirft der Fonds viel Rendite ab

Insgesamt ist das Ergebnis dennoch beachtlich. Laut des Halbjahresberichts lag die Rendite des Fonds noch immer um 1,14 Prozentpunkte über der des Referenzindex. Außerdem hat der norwegische Staatsfonds seit 1998 in Sachen Marktwert durchschnittlich um mehr als 6 % pro Jahr zugelegt. 2021 war das zweitbeste Jahr aller Zeiten und wurde lediglich vom Rekordjahr 2019 übertroffen. Damals erwirtschaftete der Fonds eine Rendite von 14,5 %.

Zum Stichtag 30. Juni 2022 hatte der Fonds einen Wert von 11,656 Billionen NOK, was rund 1,18 Billionen Euro entspricht. Dabei waren 68,5 % in Aktien, 28,3 % in festverzinsliche Wertpapiere und 3 % in nicht börsennotierte Immobilien sowie 0,1 % in nicht börsennotierte, erneuerbare Infrastrukturenergie investiert. Die Anlagestrategie wird von der norwegischen Regierung vorgegeben und regelmäßig angepasst. Zuletzt zogen sich die Investitionen aufgrund des Krieges in der Ukraine aus Russland zurück und auch die Investitionen in die Kohleindustrie wurden schrittweise zurückgefahren.

Der Fonds wurde 1996 gegründet, um die Finanzierung des norwegischen Staates auch nach dem Versiegen seiner Öl- und Gasquellen sicherstellen zu können. In den Fonds fließen unter anderem staatliche Einnahmen aus dem Ölgeschäft des Landes. Er hält weltweit rund 1,5 % aller börsennotierten Aktien und ist an mehr als 9.300 Unternehmen aus 70 Ländern beteiligt. Aufgrund der jüngsten Markterholung hat der Wert des norwegischen Staatsfonds zwischenzeitlich wieder die 12-Billionen-NOK-Marke durchbrochen.

Deutschland braucht etwas Ähnliches

Mit Blick auf den demografischen Wandel und die Tatsache, dass sich die Sozialausgaben des deutschen Staates in den letzten Jahrzehnten exorbitant erhöht haben, müssen wir uns als Deutschland mittelfristig die selbe Frage der Finanzierung stellen und sollten Norwegen daher als Vorbild nehmen und Ähnliches installieren. Wir sollten uns alle an der Weltwirtschaft beteiligen und die großen Erfolgsunternehmen wie Apple, Amazon oder Meta an unserer Rente mitfinanzieren lassen. Für die Einrichtung müssen zwar Steuergelder in Milliardenhöhe aufgewendet werden und das System zahlt sich erst in Jahrzehnten aus, allerdings wäre das eine Investition in die Zukunft unseres Landes, eine Investition in die Jugend und unsere nachkommenden Generationen.

In der Ampel-Koalition scheint es in dieser Legislatur-Periode einen ersten, vorsichtigen Schritt in diese Richtung zu geben. Die Regierung plant federführend durch die FDP und Johannes Vogel die Aktienrente. Dabei sollen künftig 2 % des Arbeitgeberbruttos in einen vom Staat organisierten Aktienfonds fließen, der langfristig und weltweit gestreut in den Kapitalmarkt investieren soll. Jeweils 1 % sollen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlt werden, die klassischen Einzahlungen in die Rentenversicherung bleiben größtenteils erhalten.

Keyfacts

  • Norwegens Staatsfond erzielt einen Cashflow in Milliardenhöhe
  • … stützt damit den Finanzhaushalt
  • … sichert langfristig die Finanzierung des Staates
  • … investiert breit gestreut in Aktien, Anleihen und Immobilien
  • … hat im Schnitt 6 % pro Jahr an Rendite erzielt
  • Deutschland braucht etwas Ähnliches!

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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