Der Koalitionsvertrag für uns Anleger

Die nächste Regierung für Deutschland scheint mit der Ampel besiegelt zu sein. Bereits im Laufe des heutigen Tages soll Olaf Scholz (SPD) zum neuen Bundeskanzler gewählt werden. Damit ginge dann auch die Umsetzung des Koalitionsvertrags einher, den die drei Parteien vor rund zwei Wochen gemeinschaftlich vorgelegt hatten. Dessen Inhalte sollen in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt werden. Das bringt so einige Änderungen für uns Anleger. Vor allem aber sollen das Rentensystem gestärkt und untere Einkommen erhöht werden.

Demnach plant die neue Regierung tatsächlich den Einstieg in eine Aktienrente und damit eine zusätzliche Finanzierung über die Kapitalmärkte. Bislang basierte das deutsche Rentensystem auf einem Umlageverfahren, bei dem die jüngere Generation die Renten der Älteren finanzierte, die Rentenzahlungen also direkt auf die Einzahler umgelegt wurden. Mit Blick auf den demografischen Wandel und die stetig größer werdende Rentenlücke ist das durchaus zu begrüßen.

Mehr Kapitaldeckung, weniger Aktienrente

Doch von einer echten Aktienrente, wie sie die Freien Demokraten nach Vorbild der Schweden im Wahlkampf vorgeschlagen hatten, sind die Pläne der neuen Regierung weit entfernt. So soll die Deutsche Rentenversicherung im nächsten Jahr einen zusätzlichen Kapitalstock in Höhe von zehn Milliarden Euro erhalten, der in einem breit gestreuten Fonds von einer unabhängigen, öffentlich-rechtlichen Stelle verwaltet werden soll. Dieses Geld soll die Finanzierung zusätzlich stützen.

Ob Arbeitnehmer künftig zusätzlich in diesen Fonds einbezahlen werden, steht nicht im Koalitionsvertrag. Man will aber auch weiterhin auf die private Altersvorsorge setzen und die Riester-Rente reformieren. „Wir werden dazu das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen“, schreiben die drei Parteien in ihrem fast 180 Seiten langen Koalitionsvertrag.

Mehr Lohn, höhere Freigrenzen

Dafür sollen vor allem die unteren Einkommensklassen unter der neuen Regierung mehr Netto vom Brutto erhalten. So plant die Ampel die Anhebung des Mindestlohns von derzeit 9,60 Euro auf 12,00 Euro. Im gleichen Zug sollen Mini- und Midi-Jobs auf 520, bzw. 1.060 Euro angehoben werden. Vor allem Geringverdiener und Haushalte mit zusätzlichen Jobs sollen so entlastet werden. Eines neues Bürgergeld soll Hartz IV ablösen und zwei Jahre ohne Vermögensanrechnung bleiben, was das Risiko im Falle einer längeren Arbeitslosigkeit in Sachen Geldanlage und Vermögensaufbau etwas reduziert.

Für uns Anleger besonders wichtig ist die Erhöhung des Sparerpauschbetrags. Dieser soll zum 1. Januar 2023 für Singles von 801 auf 1.000 Euro angehoben werden. Ehepaare bekommen gewohnt die doppelte Summe. Zuletzt wurde der Pauschbetrag 2007 und damit vor fast 15 Jahren angepasst. Damit bleiben Kapitalerträge, wie Zinsen, Dividenden und Kursgewinne, bis zu diesem Betrag steuerfrei. Darüber hinaus wird weiterhin die Kapitalertragsteuer pauschal mit 25 % angewandt.

Zusätzlich könnte weiterhin der Solidaritätszuschlag hinzukommen, weil der Koalitionsvertrag hier keine weiteren Änderungen auflistet. Schade ist außerdem, dass keine automatische Anpassung an die Inflationsrate erfolgt, die zuletzt erheblich angestiegen war. Die kalte Progression und damit die Enteignung der Sparer wird somit nicht entgegengewirkt.

Schade auch, dass es eine Wiedereinführung einer Spekulationsfrist oder nur die Tatsache, langfristige Anlagen bewusst steuerlich zu fördern, nicht in den Koalitionsvertrag geschafft haben. Immerhin scheint die Abschaffung der Kapitalertragsteuer oder einer Finanztransaktionsteuer vom Tisch zu sein.

Keyfacts:

  • mehr Kapitaldeckung für das Rentensystem
  • Reform der privaten Altersvorsorge
  • Anhebung des Mindestlohns und der Mini- und Midi-Jobs
  • Kapitalertragssteuer bleibt
  • keine Finanztransaktionssteuer, keine Spekulationsfrist

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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