Eine Vermögensteuer schadet extrem

Zur Bewältigung der Corona-Pandemie hatte Olaf Scholz (SPD) einige Milliarden Euro locker gemacht und für die Jahre 2020 bis 2022 rund 470 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen. Um diese zurückzubezahlen, wird von einigen Parteien die Einführung einer Vermögensteuer gefordert. Federführend ist vor allem Die Linke, die Vermögen jährlich mit bis zu 5 % besteuern möchte. Aber auch SPD und Grüne sprechen sich für die Einführung einer solchen Steuer aus, zeigen sich mit maximal 1 % jedoch genügsamer. Damit wollen alle drei Parteien nicht nur die Krisenrechnung begleichen, sondern außerdem die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland wieder enger zusammenbringen. Es soll von oben nach unten umverteilt werden.

Mit einer Vermögensteuer hatten schon viele Länder in den letzten Jahrzehnten experimentiert und sind immer wieder davon abgekommen, wie beispielsweise Frankreich, Schweden, Dänemark, die Niederlande, Österreich oder Irland. Selbst in Deutschland wurde jahrzehntelang bis 1997 eine Vermögensteuer erhoben, musste nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 1995 allerdings wieder abgeschafft werden. Damals wurden Immobilien aufgrund veralteter Bewertungsmaßstäbe in der Vermögensteuer deutlich bevorzugt, weswegen das Gericht sein Veto eingelegt hatte.

Bereits 1 % erhöhen die Steuerbelastung enorm

Eine Steuerabgabe von 1 % auf das Nettovermögen mag für viele nicht nach besonders viel klingen, hat jedoch vor allem dann erhebliche Auswirkungen auf die Gesamtsteuerbelastung, wenn mit dem vorhandenen Geld eine geringe Rendite erwirtschaftet wird, was im aktuellen Niedrigzinsumfeld keine Seltenheit ist. Das lässt sich anhand einer einfachen Rechnung verdeutlichen, wie sie die gemeinnützige Stiftung Familienunternehmen in einer im August veröffentlichten Studie angestellt hat.

Belastung der Vermögensteuer
Die Grafik zeigt die Steuerentwicklung mit und ohne Vermögensteuer an. (Quelle: Stiftung Familienunternehmen)

Ein Sparer legt 100 Euro an, mit denen er pro Jahr eine konstante Rendite von 3 % einfährt. Auf die darauf anfallenden Gewinne bezahlt er einen gleichbleibenden Einkommensteuersatz von 30 %, das Gesamtkapital wird mit einer einprozentigen Vermögensteuer jährlich besteuert. Zudem geht man in diesem Beispiel vereinfacht davon aus, dass alle Freigrenzen bereits ausgeschöpft sind, womit es sich in der Berechnung um die Grenzbelastung handelt.

Während die Unterschiede im ersten Jahr marginal ausfallen, laufen die Kurven über die Jahre hinweg weit auseinander. Nach einem Anlagehorizont von zehn Jahren hat der Sparer aus seinen 100 Euro mit 1 % Vermögen- und 30 % Ertragsteuer etwa 111 Euro gemacht. Zieht der Staat nur die Ertragsteuer ein, wie das heute der Fall ist, sind es am Ende der Laufzeit etwa 123 Euro. Ohne Steuern wären rund 134 Euro rumgekommen.

Somit wird klar: Eine Vermögensteuer von nur einem Prozent belastet die Sparerträge in etwa genauso wie eine Einkommensteuer in Höhe von 30 %. In diesem Beispiel entspricht die kombinierte Last einer Gesamtbelastung von 64 %. Oder anders ausgedrückt: Für jeden Rendite-Euro darf der Sparer am Ende nur 34 Cent behalten, 64 Cent schnappt sich der Staat.

3,0 % p.a.Jahr 1Jahr 2Jahr 3Jahr 4Jahr 5Jahr 6Jahr 7Jahr 8Jahr 9Jahr 10
Ohne Steuern103,00,-106,09,-109,27,-112,55,-115,93,-119,10,-122,99,-126,68,-130,48,-134,39,-
Nur Ertragsteuer 30 %102,10,-104,24,-106,43,-108,67,-110,95,-113,28,-115,66,-118,09,-120,57,-123,10,-
Ertragsteuer 30 % und Vermögensteuer 1 %101,08,-102,17,-103,27,-104,39,-105,51,-106,65,-107,80,-108,97,-110,14,-111,33,-
Angaben in Euro

Je geringer die Rendite, desto höher die Belastung

Noch stärker fällt eine Vermögensbesteuerung ins Gewicht, wenn die erzielte Rendite auf die Einlage geringer ausfällt. Werden pro Jahr nur 1,5 % auf die oben genannten 100 Euro erwirtschaftet, bleiben am Ende ohne Besteuerung 116 Euro übrig. Mit regulärer Ertragsteuer wären es 111 Euro, mit zusätzlicher Vermögensbesteuerung bleibt es nach zehn Jahren bei 100 Euro.

Die Kombination aus Einkommen- und Vermögensteuer wirkt konfiskatorisch wie eine Einkommensteuer von fast 100 %. Der Staat nimmt sich also die komplette Rendite!

1,5 % p.a.Jahr 1Jahr 2Jahr 3Jahr 4Jahr 5Jahr 6Jahr 7Jahr 8Jahr 9Jahr 10
Ohne Steuern101,50,-103,02,-104,57,-106,14,-107,73,-109,34,-110,98,-112,65,-114,34,-116,05,-
Nur Ertragsteuer 30 %101,05,-102,11,-103,18,-104,27,-105,36,-106,47,-107,59,-108,72,-109,86,-111,01,-
Ertragsteuer 30 % und Vermögensteuer 1 %100,04,-100,08,-100,12,-100,16,-100,19,-100,24,-100,28,-100,32,-100,36,-100,39,-
Angaben in Euro

Wenn die Rendite statt 1,5 % sogar nur 0,5 % im Jahr beträgt, fällt das verfügbare Kapital nach zehn Jahren auf nur noch knapp über 93 %, womit die effektive Steuerlast bei über 100 % liegt. Der Staat streicht somit jeden Ertrags-Euro ein und bedient sich darüber hinaus noch weiter.

0,5 % p.a.Jahr 1Jahr 2Jahr 3Jahr 4Jahr 5Jahr 6Jahr 7Jahr 8Jahr 9Jahr 10
Ohne Steuern100,50,-101,00,-101,51,-102,02,-102,53,-103,04,-103,55,-104,07,-104,59,-105,11,-
Nur Ertragsteuer 30 %100,35,-100,70,-101,05,-101,41,-101,76,-102,12,-102,48,-102,83,-103,19,-103,56,-
Ertragsteuer 30 % und Vermögensteuer 1 %99,35,-98,69,-98,05,-97,41,-96,77,-96,14,-95,51,-94,89,-94,27,-93,65,-
Angaben in Euro

Selbst eine Rendite von 0,5 % ist ohne Risiko heute nicht realistisch. Auf dem Tagesgeldkonto gibt es meist nur etwa 0,001 bis 0,1 % und damit deutlich weniger als bei den 3 % womit der Sparer am Ende selbst mit Vermögensteuer noch einen Gewinn auf seine Einlage gemacht hätte. Zieht man noch die jährliche Inflation mit heran, ist auch dies ein absolutes Negativ-Geschäft für den Sparer. Um eine Rendite von über 5 % erzielen zu können, muss er in den Aktienmarkt gehen und damit sein Geld stets einem Totalverlust-Risiko aussetzen. Ist das wirklich im Sinne des Staates? Eine Besteuerung des Nettovermögens hemmt die Investitionsbereitschaft enorm.

Freigrenzen helfen nicht immer

Sicher könnte man jetzt sagen, dass die Parteien die Vermögensteuer erst ab einem hohen Vermögen von meist über zwei Millionen Euro in Erwägung ziehen, um eben nicht den Kleinsparer zusätzlich zu belasten. Doch wer bereits eine Immobilie in teuren Großstädten wie beispielsweise München besitzt oder über 35 Jahre lang eine hohe Sparrate hatte, kratzt bereits an dieser Grenze. Aber auch Landwirte müssen Angst um ihren Hof, ihre Maschinen und ihren Ackergrund haben. Unabhängig davon sollte sich jeder die Frage stellen, ob eine Steuerbelastung von über 64 % bis hin zur kompletten Aufzehrung der Erträge seitens des Staates wirklich ein erstrebenswertes Ziel sein kann.

Ein Großteil des Vermögens liegt ohnehin nicht einfach auf Girokonten herum, sondern steckt oft in Unternehmen oder Beteiligungen wie Aktien. Die Gründer von BionTech haben zum Beispiel über ihre Firmenanteile, die natürlich mit Erfolg des Unternehmens und dessen Impfstoff zur Corona-Pandemie ordentlich an Wert gewonnen haben, bislang noch keinerlei Geldflüsse in Form von Anteilsverkäufen oder gar Dividenden erhalten. Um die Vermögensteuer bezahlen zu können, müssten die Gründer entweder anderes Geld aufwenden, Anteile verkaufen oder eine utopische Gewinnausschüttung vollziehen, was BionTech wichtige Liquidität kosten würde. Der bürokratische Aufwand ist für alle Seiten enorm.

#BionTech müsste 3 Mrd. € Dividende ausschütten, damit die Gründer ihre #Vermögensteuer bezahlen können.

Das ist 5x so viel, wie sie in 2020 in Forschung🧑‍🔬 investieren und 6x so viel, wie sie Umsatz hatten.#SozialistenHassenUnternehmer

— Ronald Slabke 🇪🇺🏗📚👨🏼‍💻 (@Ronald_Sl) September 16, 2021

Effekte einer Vermögensteuer

Doch selbst wenn der Kleinsparer während seiner Ansparphase vermutlich nicht von einer Vermögensteuer nach Plänen von SPD, Grüne und Linke betroffen sein dürfte, so hat eine solche erhebliche Auswirkung auf die Gesamtwirtschaft und damit auf uns alle. Das zeigt eine Studie des wirtschaftsnahen ifo Instituts, die bereits 2017 und damit vor der Corona-Pandemie und den Steuerideen der Parteien veröffentlicht wurde.

Gesamtauswirkung der Vermögensteuer
Die Grafik zeigt die gesamtwirtschaftliche Auswirkung einer Vermögensteuer

Demnach würde das Bruttoinlandsprodukt mit einer Vermögensteuer von nur 1,2 % über acht Jahre hinweg um 7,28 % zurückgehen. Jedes Jahr hätte Deutschland 0,45 % weniger Wachstum, was aktuell einem Drittel entsprechen würde. Investitionen wären um 14,23 % rückläufig – Investoren gehen lieber ins Ausland und lassen dort neue Jobs entstehen. Insgesamt würde sich die Beschäftigung um 2,94 % verringern, was in einer höheren Arbeitslosigkeit resultieren würde.

Da Vermögen und damit Eigenkapital für viele unrentabel unter einer Vermögensteuer sein werden, steigt die Fremdkapitalquote nach den ifo-Berechnungen um stolze 5,67 % an, was im Falle einer weiteren Krise das Risiko zahlreicher Unternehmensinsolvenzen befeuern würde. Im Haushaltssektor würde die Sparbereitschaft ebenfalls enorm sinken: Allein das Vermögen würde binnen acht Jahre unter einer Vermögensteuer von 1,2 % um satte 33,32 % zurückgehen, die Ersparnisse der Haushalte sogar um 56,14 %.

Für den Staat würde die Vermögensteuer ein Aufkommen von rund 17 Milliarden Euro einbringen. Insgesamt würde die Einführung einer solchen Steuer aufgrund der Verluste beim Aufkommen anderer Steuern jedoch 38 Milliarden Euro kosten. Die Vermögensteuer bedeutet somit für alle Beteiligten einen Verlust und sollte daher vom Wähler am 26. September unbedingt mit bedacht werden. Vieles in der Politik ist Schönmalerei von Wahlperiode zu Wahlperiode. Wirklich nachhaltige und auf Langfristigkeit ausgelegte Inhalte gibt es selten, bzw. können dem Wähler nicht so einfach verkauft werden, wie eine gut klingende und nur niedrige Vermögensteuer von 1 %…

Keyfacts:

  • 1 % Vermögensteuer hat bei 3 % Rendite die gleiche Steuerbelastung wie 30 % Ertragsteuer
  • je geringer die erzielte Rendite, desto höher sind die Auswirkungen einer Vermögensteuer
  • bei geringer Rendite von nur 1,5 % liegt die effektive Steuerlast bei etwa 100 %
  • bei sehr niedriger Rendite übersteigt die Steuerlast die Rendite
  • Freigrenzen können Immobilien-Besitzer, Landwirte und Mittelständler nicht betreffen
  • Vermögen steckt oft in Unternehmen und Beteiligungen und ist nicht liquide verfügbar
  • hoher bürokratischer Aufwand für alle Seiten
  • Wirtschaftswachstum wird auf Dauer stark eingebremst
  • Investitionen gehen zurück
  • Vermögen sinkt, Schulden steigen, was Krisen nährt

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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