PFOF-Verbot in der EU könnte das Aus der Neobroker bedeuten

Für den langfristigen Vermögensaufbau und damit auch für die zusätzliche Altersvorsorge sind günstige Gebühren ein wichtiges Kriterium. In den letzten Jahren haben dafür vor allem die Neobroker wie Trade Republic* oder Scalable Capital* gesorgt. Sie ermöglichen Aktiengeschäfte meist schon zu Preisen ab etwa einem Euro pro Trade und bieten monatliche Sparraten selbst mit Kleinstsummen komplett kostenlos an. Dies könnte spätestens ab Mitte 2026 vorbei sein.

Der Grund: Die Unterhändler der EU-Mitgliedstaaten und des Europaparlaments haben sich in dieser Woche auf eine neue Revision der Verordnung und der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR/MiFiD II) geeinigt und damit beschlossen, „Payment for Orderflow“ zu verbieten. Damit wird man ab Juli 2026 den Discount-Brokern ihre größte Einnahmequelle und teilweise sogar ihr gesamtes Geschäftsmodell nehmen. Zwar muss das Papier noch von den EU-Finanzministern und dem Parlamentsplenum abgenickt werden, dies gilt jedoch als reine Formsache.

Kurz gesagt konnten Broker und Banken von den Marktplätzen und Marketmakern sogenannte Kickbacks einstreichen, wenn sie ihre Kunden-Orders an diese weitergeleitet haben. Neobroker erhielten also Rückvergütungen, wenn sie ihre Kundenorders an einem ganz bestimmten Börsenplatz ausgeführt haben und konnten somit die günstigen Konditionen erst möglich machen – ein Grund, weswegen Scalable Capital* und Trade Republic* standardmäßig über die Börsenplätze in München und Hamburg ausführen und zumindest im Falle des letzteren Anbieters keinen weiteren Handelsplatz anbieten.

Angeblich mehr Transparenz, weniger Trades

Begründet wird das geplante Verbot dadurch, dass der Anleger oft nicht wisse, ob er beim Kauf den besten Preis erzielt, weil entsprechende Broker andere Börsen gar nicht im Angebot hätten ­– der Wettbewerb zwischen den Handelsplätzen würde umgangen werden. Tatsächlich können Kunden durch das Absetzen von Limit-Orders einen Maximalpreis für ihren geplanten Aktienkauf bestimmen und sich so gegen unerwünschte Preise absichern. Macht man dies zudem zu den Haupthandelszeiten zwischen 16:00 und 17:00 Uhr, gibt es aufgrund der hohen Liquidität am Markt die geringsten Spreads und somit die kleinsten Abweichungen untereinander.

Wer hingegen per Sparplan ausführt, hat ohnehin keinerlei Einfluss auf den Preis und ist von den Ausführungszeiten seines Brokers abhängig. Langfristig über die Jahrzehnte hinweg, spielt dieser Umstand allerdings nur eine untergeordnete Rolle, ob man einzelne Positionen für ein paar Cent mehr oder weniger erworben hat. Als weiteres Argument für ein Verbot von PFOF wird angeführt, dass die niedrigen Gebühren zu unbedachten Trades bei den Kunden führen würden.

Ein Verbot des Payment-for-Orderflow-Verfahrens trifft vor allem diejenigen hart, die langfristig für ihr Alter vorsorgen möchten und benachteiligt wiederum diejenigen, die nur mit kleinen Summen an den Märkten agieren können. Wenn man wieder zu Fixgebühren in Höhe von 9,95 Euro je Trade zurückkehren müsste, bezahlen diejenigen prozentual gesehen am wenigsten, die mit hohen Investitionssummen agieren können. 10 Euro machen bei einem Aktienkauf in Höhe von 1.000 Euro gerade einmal 1 % aus, während sich der Prozentsatz bei einem Volumen von 300 Euro auf 3,3 % beläuft – fast das Dreifache.

Neue Preismodelle werden bereits getestet

Dass man sich bei den Neobrokern dieser Problematik längst angenommen hat, zeigt sich bei Scalable Capital*: Die Münchner experimentieren bei ihrem Preismodell und testen aus, wie viel die Kunden für bestimmte Leistungen bereit sind, zu bezahlen. Wer viel tradet, kann bei Scalable Capital* ein Monatsabo abschließen und bekommt Gratis-Trades. Wer zudem Zinsen für seine liquiden Rücklagen auf dem Referenzkonto haben möchte (ab August im Übrigen 2,6 % p.a.), bezahlt noch einmal eine höhere Monatspauschale von derzeit 4,99 Euro.

Drei Jahre haben die Anbieter Zeit, neue Gebührenmodelle zu entwickeln. Für Deutschland wurde eine Schonfrist bis zum 30. Juni 2026 festgesetzt. Die EU schadet mit dem Ende von PFOFF der Aktienkultur – wieder einmal.

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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