Blanker Chart: Warum die meisten Indikatoren nicht helfen

Wer mit Daytrading startet und sich somit zu den Händlern zählen möchte, die durch den kurzfristigen Kauf und Verkauf von Hebelprodukten innerhalb eines einzigen Tages Gewinne erzielen möchten, der wird schnell auf eine Vielzahl unterschiedlicher, technischer Indikatoren stoßen. Sie sollen helfen, die richtige Handelsentscheidung zu treffen. Doch trotz ihrer Popularität führen Indikatoren oft nicht zum gewünschten Erfolg. Warum Indikatoren keinesfalls der heilige Gral sind und niemals eine zuverlässige Strategie darstellen, das wollen wir einmal in diesem Artikel untersuchen.

Verzögerte Daten

Die meisten technischen Indikatoren beruhen auf mathematischen Berechnungen vergangener Daten und liefern somit zwangsläufig verzögerte Informationen. Häufig sind die kurzfristigen Bewegungen längst passiert, bis der Indikator überhaupt anschlägt. Der Trader steigt in diesem Fall viel zu spät ein. Die Märkte können sich schnell ändern und vergangene Kursbewegungen garantieren nicht zwangsläufig eine ähnliche Bewegung in der Zukunft.

Ein Beispiel hierfür ist der Moving Average (MA). Wenn seine Linie nach einer längeren Abwärtsbewegung erstmals wieder nach oben ausschlägt, kann der Trader dazu verleitet werden, eine Long-Position einzugehen. Bei dieser Bewegung kann es sich jedoch um eine kurzfristige Bewegung mit viel Momentum gehandelt haben und der Markt bewegt sich anschließend wieder in seine vorherige Trendrichtung.

Infolgedessen wäre der Trader nicht nur in die falsche Richtung eingestiegen, sondern außerdem viel zu spät. Er hätte womöglich unnötig Verluste erlitten.

Subjektive Interpretation

Außerdem erfordert die Interpretation von Indikatoren oft subjektive Entscheidungen. Unterschiedliche Händler können zu verschiedenen Schlussfolgerungen kommen, selbst wenn sie dieselben Indikatoren verwenden. Dies führt zu Verwirrung und Unsicherheit, was zu Fehlentscheidungen führen kommen.

Angenommen zwei Trader verwenden den Relative Strength Index (RSI), der häufig dafür verwendet wird, um vermeintlich überkaufte oder überverkaufte Marktbedingungen zu identifizieren. Während der eine Händler versucht, im überkauften Bereich eine Short-Position zu eröffnen, könnte der andere eine Long-Position eingehen, weil er davon ausgeht, dass der Markt noch weiter steigt. Diese subjektiven Interpretationen des Indikators führen zu unterschiedlichen Handelsentscheidungen.

Überoptimierung

Gerade am Anfang sind Daytrader versucht, Indikatoren zu optimieren, indem sie Parameter anpassen oder gänzlich neue Indikatoren hinzufügen, um ihre Einsteige anhand mehrerer Kriterien noch sicherer zu machen. Diese Überoptimierung kann dazu führen, dass eine Strategie, die auf historische Daten gut funktionieren mag, durch die zusätzlichen Indikatoren oder veränderten Einstellung zu anderen Handelszeiten versagt.

Marktineffizienz

Die Märkte sind in ihrer Preisfindung zwar äußerst effizient, jedoch wird man sich mit Hilfe von Indikatoren niemals auf sie einstellen können. Preisbewegungen können von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden, die über technische Indikatoren hinausgehen: Nachrichten, politische Ereignisse und unvorhersehbare Marktreaktionen können einen erheblichen Einfluss auf den Handel haben. Indikatoren können diese nicht angemessen berücksichtigen.

Am besten sieht man dies bei unerwarteten Ankündigungen eines Unternehmens, die zu einer drastischen Veränderung des Aktienkurses führt. Diese Informationen liegen außerhalb des Rahmens technischer Indikatoren und können zu unvorhersehbaren und nicht berechenbaren Preisbewegungen führen. Ein Indikator allein kann die plötzliche Volatilität niemals vorhersagen.

Emotionale Faktoren

Der kurzfristige Handel erfordert eine strenge Disziplin und die Fähigkeit, nahezu emotionslos Entscheidungen treffen zu können, wie wir in diesem Blog bereits mehrfach aufgezeigt haben. Indikatoren können zu übermäßigem Vertrauen oder Panik führen, wenn sie falsch interpretiert werden. Händler können in eine Falle tappen und Handelsentscheidungen aufgrund von Indikatoren treffen, anstatt aufgrund einer umfassenden Analyse des Marktes und auf Basis eines gesunden Risikomanagements.

Selbst wenn ein Indikator ein klares Verkaufssignal liefert, könnten sich andere Faktoren wie Angst, Gier oder Unsicherheit auf die Handelsentscheidung auswirken. Diese emotionalen Reaktionen können zu impulsiven Handlungen führen und den Erfolg der Indikatorenstrategie beeinträchtigen.

Fazit

Sicher sind nicht alle technischen Indikatoren schlecht. Im Gegenteil: Einige unterstützen den Trader sehr gut darin, sich einen schnellen Überblick über den Markt zu verschaffen oder die aktuelle Trendrichtung schnell bestimmen zu können. Doch die alleinige Anwendung von Indikatoren wird niemals dauerhaft erfolgreich sein.

Nur wer die einzelnen Puzzleteile, wie das Fachwissen (Chartanalyse, VWL, etc.) zusammen mit einem gesunden Risiko- und Moneymanagement richtig zusammenführt und seinen Charakter sowie seine Psychologie in den Griff bekommt und letztendlich Erfahrung und Screentime sammelt, kann ein erfolgreicher Daytrader werden. Dieser Weg ist jedoch steinig und schwer – die meisten scheitern. Nachweislich.

Trading für Dummies*
  • Roller, Karin (Autor)

Letzte Aktualisierung am 26.04.2024 um 01:54 Uhr / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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