Steuerzahlergedenktag: Seit Mittwoch arbeitet jeder für sich

Statistisch gesehen arbeitet der durchschnittliche, deutsche Arbeitnehmer seit dem vergangenen Mittwoch wieder nur für seinen eigenen Geldbeutel. Bis zum 12. Juli 2023 um 05:12 Uhr ging das gesamte Einkommen, das die Steuer- und Beitragszahler vor diesem Datum erwirtschaftet haben, rein rechnerisch in Form von Steuern und Abgaben an die öffentlichen Kassen.

Von jedem verdienten Euro entfielen etwa 12 Cent auf die Lohn- und Einkommensteuer, 4,7 Cent durch den eigenen Konsum auf die Umsatzsteuer und 0,9 Cent auf Energiesteuern inklusive der CO2-Abgabe. Weitere 3,0 Cent mussten deutsche Erwerbstätige für sonstige Steuern wie die Grundsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer oder die Kaffee- und Versicherungsteuer entrichten. Immerhin noch 0,4 Cent entfielen statistisch gesehen auf Quasisteuern wie den Rundfunkbeitrag oder die Energieumlage.

Nicht einmal die Hälfte des Verdienstes bleibt übrig

Damit liegt die Einkommensbelastungsquote für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer-Haushalt in diesem Jahr bei voraussichtlich 52,7 %. Im Vergleich zum Vorjahr entfällt der sogenannte Steuerzahlergedenktag somit sogar auf ein etwas früheres Datum, denn im letzten Jahr lag die Belastungsquote laut dem Deutschen Steuerzahlerinstitut (DSi) noch bei 53 %. Die höchste Quote lag im Jahr 2019 bei 53,7 %.

Der leichte Rückgang ist auf zahlreiche kleinere Entlastungen zurückzuführen, beispielsweise auf die Absenkung der Umsatzsteuer bei Erdgas und Fernwärme von 19 auf 7 %, aber auch auf die Neuerungen bei der Grunderwerbssteuer sowie die Zinswende bei Vermögen.

Dem gegenüber stehen allerdings höhere Konsumentenpreise durch die Inflation sowie höhere Beitragssätze für die Kranken- und Pflegeversicherung, welche seit Juli gelten.

Die Zahlen stützen sich auf eine repräsentative Umfrage des Statistischen Bundesamtes über die Einnahmen und Ausgaben ausgewählter, privater Haushalte und werden auf das laufende Gesamtjahr hochgerechnet. Ein durchschnittlicher, deutscher Arbeitnehmerhaushalt kommt demnach auf 2,3 Personen und verfügt über ein Monatsbruttogehalt von 5.755 Euro. Hinzugerechnet werden allerdings weitere Einkommen aus selbstständiger Arbeit oder aus Vermögen, aber auch die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherung, womit sich das Gesamteinkommen auf 7.113 Euro pro Monat beläuft.

Umgelegt auf das Gesamtjahr fließen somit in diesem Jahr pro Monat 855 Euro als Einkommenssteuer, 637 Euro an indirekten Steuern und 2.254 Euro als Sozialversicherungsabgaben an den Staat.

Kritik

Gänzlich feiern sollte man diesen Tag jedoch nicht, schließlich fließt mit jeder gezahlten Steuer ein gewissen Teil in Form von Straßen, Bildungseinrichtungen oder Krankenhäusern und späteren Renten an die Beitragszahler zurück. Man sollte mit Blick auf die Leistungsgerechtigkeit jedoch durchaus hinterfragen dürfen, ob die Belastungsquote tatsächlich über der Hälfte liegen darf.

Das sieht auch BdSt-Präsident Reiner Holznagel so und fordert von der Bundesregierung daher den vollständigen Abbau der kalten Progression, die FDP-Finanzminister Christian Lindner bereits in Teilen umgesetzt hatte. Zudem solle der reduzierte Mehrwertsteuersatz auch für Strom gelten, um der drastischen Entwicklung bei den Energiepreisen entgegenzuwirken.

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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