Neobroker bieten über 2 % Zinsen aufs Tagesgeld

Konnte man sich in den letzten Jahren noch mit 0,01 % Tagesgeldzinsen glücklich schätzen, gibt es in Zeiten stark steigender Verbraucherpreise und dem damit einhergegangenen Ende der Niedrigzinspolitik wieder deutlich attraktivere Verzinsungen. Aktuell scheinen sich die Banken regelreich hochzubieten und locken Woche für Woche mit neuen Höchstgeboten auf dem Tages- und Festgeld.

Vor noch nicht allzu langer Zeit empfahlen wir den Lesern dieses Blogs, weiterhin geduldig zu bleiben und nicht auf jedes neue Zinsangebot aufzuspringen. Wer regelmäßig kleinere Tranchen seines Notgroschens umzieht und sich eine Zinstreppe baut, der kann der gesamten Entwicklung entspannt entgegenblicken und trotzdem von steigenden Zinssätzen und einer hohen Flexibilität profitieren.

Mit Trade Republic* und Scalable Capital* haben sich nun zwei beliebte Neobroker für Aktien- und ETF-Sparpläne dem Trend angeschlossen und bieten aber sofort für Guthaben auf ihren Verrechnungskonten eine hohe Verzinsung an. Während es bei Trade Republic 2 % pro Jahr gibt, können Kunden von Scalable Capital sogar 2,3 % jährlich einstreichen. Ganz so einfach ist es am Ende aber nicht, wie ein näherer Vergleich zeigt, denn die beiden Angebote könnten unterschiedlicher nicht sein.

Einmal etwas weniger, einmal nur im Abo

Bei Trade Republic* ist die Sache eigentlich ganz einfach: Hier erhält man – ob Bestands- oder Neukunde – auf all seine Einlagen auf dem Verrechnungskonto 2,0 % Zinsen pro Jahr gutgeschrieben, die jeweils zum Monatsende bis zu einem angelegten Kapital von 50.000 Euro ausbezahlt werden. Die restlichen Konditionen bleiben identisch zum bisherigen Angebot, womit man für jeden Aktienkauf 1 Euro bezahlt und beliebig viele Sparpläne kostenfrei ausführen kann.

Beim Konkurrenten Scalable* gibt es zwar sogar 2,3 % Zinsen pro Jahr, die gibt es jedoch nur für Kunden des neuen Prime+-Programms, das monatlich mit 4,99 Euro zu Buche schlägt, dafür aber auch kostenfreie Aktienkäufe und Sparpläne über die Börse München möglich macht. Die Zinszahlung erfolgt hier jedoch nur quartalsweise. Zudem gilt der Zinssatz sogar für nicht investiertes Kapital in einer Höhe von bis zu 100.000 Euro und damit für die doppelt so hohe Summe als bei Trade Republic.

Für den Preis von lediglich 4,99 Euro erhält man mit PRIME+ alles von A wie Aktien bis Z wie Zinsen. Neben den höchsten Zinsen bietet es den Handel ohne Ordergebühren und unbegrenzt viele Sparpläne.” sagt Erik Podzuweit, Gründer und Co-CEO von Scalable Capital. „Wir machen die PRIME+ Mitgliedschaft so attraktiv, dass es quasi unverantwortlich ist, nicht Mitglied zu werden.

Wer bei Scalable von den hohen Tagesgeldzinsen profitieren möchte, der muss also entweder Viel-Trader sein oder mindestens 2.600 Euro anlegen, um die Monatsgebühr über die Zinszahlungen reinholen zu können. Bestandskunden des bisherigen Prime-Brokers müssen für das Upgrade etwa 2 Euro mehr im Monat berappen und somit mindestens 1.000 Euro auf dem Tagesgeld liegen haben.

Sorgen über ihre Einlagen brauchen sich Kunden beider Anbieter jedenfalls nicht zu machen. Bei beiden Neobrokern greift die europäische Einlagensicherung bis zu einer Gesamteinlage von 100.00 Euro. Aktien und Fonds gelten ohnehin als Sondervermögen.

Hoffen auf mehr Umsatz

Die Intention hinter den hohen Zinssätzen ist klar: Trade Republic und Scalable Capital versuchen mit ihren Angeboten auch diejenigen näher zu Aktien und der Börse zu bringen, die erst einmal nur mit dem Tagesgeldkonto starten. Die attraktiven Zinsen haben für beide Broker einen gewissen Marketing-Effekt und dürften sicherlich den einen oder anderen Neukunden an Land ziehen, der dann auch mal etwas Umsatz über den Börsenhandel bringen könnte.

Bei Scalable Capital könnte das neue Kontomodell aber auch dazu dienen, die Schmerzgrenzen der Kunden auszuloten, wenn es um alternative Verdienstmöglichkeiten für das eigene Geschäftsmodell geht, denn die Bezahlung über sogenannte Rückvergütungen steht in Deutschland auf der Kippe – und damit eigentlich die Geschäftsgrundlage einer ganzen Branche. Doch das ist ein anderes Thema…

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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