Ein Depotübertrag mit Hürden

Im Laufe einer Anlegerkarriere werden sich mit ziemlicher Sicherheit nicht nur zahlreiche Einzelpositionen anhäufen oder sogar die eine oder andere Depotleiche einschleichen, sondern auch immer mehr Anbieter. Aufgrund des sich stetig wandelnden Marktumfeldes wird man immer mal wieder neue Broker und Depotbanken ausprobieren, weil diese entweder mit niedrigeren Gebühren locken, verschiedene Analysefunktionen zum Ausprobieren bereithalten oder auch Dividenden abseits der üblichen Geldsumme in Form von Schlafanzügen, Schokolade oder Freifahrten sowie zusätzlichen Rabatten ermöglichen, weil sie die Käufe und Verkäufe schlichtweg in das jeweilige Aktionärsregister eintragen.

Als ich begann, mich intensiver mit dem Aktienmarkt zu beschäftigen, eröffnete ich ein Depot bei der ING, später schließlich bei der comdirect*, weil diese ein breiteres Angebot an ETF- und Aktiensparplänen möglich machte und obendrein die günstigeren Konditionen bot. Mit dem Aufkommen der Neobroker und damit dem provisionsfreien Aktienhandel, eröffnete ich schließlich ein Depot bei Scalable Capital und zog nach und nach meine Sparpläne dorthin um.

Zwar verwende ich für meine Übersicht, zusätzliche Performance-Kennzahlen und für das Tracking meines monatlichen Cashflows sowie meiner Alltagsausgaben mehrere Tools, doch wollte ich all meine Aktien- und ETF-Positionen wieder zentral an einem Fleck verfügbar haben. Als dann im November Scalable Capital* mit einer Bonuszahlung für einen Depotübertrag warb, entschied ich mich diesen Schritt zu gehen und gleichzeitig einen Erfahrungsbericht darüber für diesen Blog anzufertigen.

Der fällt leider nicht ganz so positiv aus, wie ursprünglich erhofft.

Viele verschiedene Stellen involviert

Da bei einem Depotübertrag zahlreiche Stellen von Banken, Börsen bis Verwahrer involviert sind, wollte ich die möglichen Fehlerpunkte gleich von Anfang an minimieren und verkaufte all meine Positionen, die beim neuen Broker nicht handelbar waren, eigenhändig. Natürlich wurden alle laufenden Sparpläne deaktiviert. So tauschte ich meine Nestlé-Position gegen Koninklijke Ahold Delhaize und stieß meine Restbestände von Wirecard ab, die eigentlich als Mahnmal im Depot verbleiben sollten, um den Steuerfreibetrag auszunutzen zu können, der sich beim Verkauf der Bruchstücke ergeben konnte. Der Umzug war nicht einfach nur planlos, sondern durchaus strategischer Natur.

Am 14. November erfolgte schließlich der eigentliche Antrag bei Scalable Capital*. Der Prozess lief volldigital ab. Alle 26 Positionen mussten namentlich mitsamt der Bestandsgrößen feinsäuberlich aufgelistet, ein paar steuerliche Angaben gemacht und eine digitale Unterschrift getätigt werden. Der gesamte Vorgang war zwar durchaus ein Aufwand, Scalable Capital* machte diesen jedoch sehr angenehm. Im Hintergrund wurde der Antrag dann postalisch an die comdirect* als abgehende Depotbank geschickt.

Eine angeblich abweichende Unterschrift

Am 20. November und damit etwa eine Woche später landete plötzlich ein Schreiben der comdirect* im digitalen Postfach, welches den Depotübertrag aufgrund einer „abweichenden Unterschrift“ ablehnte. Ich sollte entweder einen neuen Antrag stellen oder eine Unterschriftenprobe mit einer Ausweiskopie einsenden. Das Depot führte ich bis zu diesem Zeitpunkt mehr als acht Jahre, jedoch hat sich während dieser Zeit meine Unterschrift zu keinem Zeitpunkt geändert. Eigentlich habe ich noch immer die gleiche, kindliche Unterschritt wie zu der Zeit, als ich die ersten eigenen Verträge abschließen durfte.

Eine kurze Recherche machte klar: Ich war nicht allein mit diesem Problem. Ich fand mehrere Foreneinträge und Blogartikel dazu. Die comdirect* scheint es ihren scheidenden Kunden unter dem Vorwand einer falschen Unterschrift schwer zu machen, zur Konkurrenz zu wechseln.

Ein Schaden wäre dabei vermutlich nicht entstanden, wenn tatsächlich jemand versucht hätte, mir meine Aktienpositionen zu stehlen. Das neue Depot wird unter gleichem Namen geführt, der etwaige Angreifer hätte all meine Positionen inklusive aller Bestände kennen müssen. Doch man muss der comdirect* zugutehalten, dass die Unterschrift entweder mit der Maus, dem Touchpad oder auf dem Smartphone erfolgt ist, womit diese ziemlich wahrscheinlich optisch abweichen kann, als wenn man diese auf einem Blattpapier handgeschrieben hätte.

Ich stieß den Depotauftrag über die comdirect* an, was im Übrigen keiner weiteren Unterschrift bedurfte und informierte gleichzeitig Scalable Capital über den Depotübertrag*. Der zweite Antrag erfolgte schließlich am 23. November und damit fast zehn Tage später als erstmals von mir initiiert.

Zweiter Anlauf und Teil-Übertragung

Schon am 1. Dezember nahm die comdirect* automatisiert den Verkauf aller Bruchstücke vor und buchte am 8. Dezember – kurz vor einem Wochenende – alle Positionen aus, was man mir am 11. Dezember schriftlich mitteilte. Bereits einen Tag danach erschienen im neuen Scalable-Depot* drei der insgesamt 26 Einzelpositionen. Doch danach passierte lange nichts. Mir war klar, dass viele Stationen involviert waren und über die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage ohnehin nicht viel passieren würde. Dennoch waren die drei Wochen, die die BaFin für die annehmbare Dauer eines Depotübertrags festgelegt hat, selbst nach Abzug aller Bankfeiertage ausgereizt.

Ich entschied mich am 4. Januar für einen Telefonkontakt mit Scalable Capital*. In einem über neun Minuten langen Gespräch versicherte mir die Mitarbeiterin, dass man Rücksprache mit der Baader Bank halten werde und mich dann proaktiv über den Status informieren werde. Doch es verstrichen acht weitere Tage ohne eine einzige Rückmeldung. Am Freitag, den 12. Januar, rief ich bei der Baader Bank an und schilderte in einem abermals fast zehn Minuten langen Gespräch den Sachverhalt. Die Mitarbeiterin versprach mir, dass der Vorgang am darauffolgenden Dienstag abgeschlossen sei. Leider wurde ich erneut enttäuscht und griff am Mittwoch, den 17. Januar, zum dritten Mal zum Telefonhörer.

Das Gespräch musste aufgrund technischer Probleme verschoben werden. Der Mitarbeiter rief jedoch wie versprochen wenig später zurück, um mir mitzuteilen, dass all meine fehlenden Positionen am nächsten Tag verbucht seien und sich der Kollege der verantwortlichen Fachabteilung direkt an die Buchungen setzen würde. Das passierte auch, denn bereits am gleichen Tag um 10:46 Uhr erschienen in meinem Onlinebanking nach und nach die fehlenden Titel.

Vom ersten Antrag bis zur eigentlichen Umbuchung verstrichen somit ziemlich genau 5.508.780 Sekunden oder anders gesagt 2 Monate, 2 Tage, 18 Stunden und Minuten.

Fehler passieren, aber man muss darüber informieren

Ich bin nicht böse, dass es aufgrund des komplexen Vorgangs zu Problemen gekommen ist, für die man ganz sicher immer eine Lösung hätte finden können. Doch ich bin enttäuscht darüber, dass Scalable Capital* und die Baader Bank mich als Kunden alleine haben dastehen lassen, indem sich beide nicht an Abmachungen gehalten haben und ich als Kunde stetig die Initiative ergreifen musste. Guter Support und Unterstützung gehen anders.

Ob die Sache damit abgeschlossen ist, bleibt abzuwarten, schließlich muss überprüft werden ob auch für die Zeit, in der sich ein Großteil des Vermögens im digitalen Nirvana befand, vollständig Dividenden bezahlt werden. Ich muss als Kunde erneut alles genauestens prüfen, wenn ich mir zustehende Zahlungen nicht entgehen lassen möchte.

Die Vorgänge im Zeitstahl:

  • 14. November 2023: Erstantrag Depotübertragung
  • 20. November 2023: Ablehnung wegen „abweichender Unterschrift“
  • 23. November 2023: Zweitantrag Depotübertragung
  • 01. Dezember 2023: Verkauf aller Bruchstücke aus dem Altdepot
  • 08. Dezember 2023: Ausbuchung aller Positionen im Altdepot
  • 11. Dezember 2023: Einsendung aller Ausbuchungsbelege
  • 12. Dezember 2023: Einbuchung der ersten drei Positionen im neuen Depot
  • 04. Januar 2024: Anruf bei Scalable Capital
  • 12. Januar 2024: Anruf bei der Baader Bank
  • 17. Januar 2024: Erneuter Anruf bei der Baader Bank
  • 17. Januar 2024: Nachbuchung aller fehlenden Positionen

Andreas Stegmüller

Ist Gründer und Betreiber dieses Blogs. Hat während seiner mehr als zehnjährigen Redakteurs-Laufbahn schon für mehrere große Medien zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Die Börse ist seit 2016 seine Leidenschaft.

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